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BaySF_Jahresbericht_2012

„Wir sind verantwortlich für den Wald“ Ein Interview mit Dr. Kay Müller Die Bayerischen Staatsforsten verdienen ihr Geld vor allem mit den stärkeren Baumteilen. Was interessiert uns dabei die Krone? Das ist schlicht eine Frage der Notwen- digkeit. Natürlich ist die Nachfrage nach Stammholz unge­bremst, doch seit 2006 sind neue Abnehmer für Biomasse aus dem Wald hinzugekommen. Damals fing es an, dass Biomasse ver- stärkt energetisch genutzt wurde. Seitdem haben wir einen anhaltenden Boom, befeuert nicht zuletzt durch steigende Erdgas- und Heizölpreise. Mittlerweile ist die Biomasse ein rentables Geschäftsfeld der Bayerischen Staatsforsten. Was bedeutete das für den Wald? Vor nicht allzu langer Zeit wurden Kronen und Resthölzer allenfalls durch die Papier- oder Zellstoffindustrie verwendet und als Brennholz genutzt. Vieles ist im Wald liegen geblieben und verrottet. Heute heizen immer mehr Menschen mit Holz. Allein an Brennholzkäufer, die ihr Holz häufig selbst im Wald aufarbeiten, verkaufen die Bayerischen Staatsforsten knapp 600 000 Festmeter pro Jahr. Steigt die Nachfrage weiter, besteht die Gefahr, dass viel schwaches Kronenholz und damit Nährstoffe aus dem Wald verschwinden, denn im Kronenmaterial sind gut die Hälfte der Nährstoffe eines Baumes gespeichert. Für den umfassenden Nachhaltigkeitsansatz der Bayerischen Staatsforsten sind das wichtige Faktoren. Wie kann sich dies auswirken? Gerade bei schlecht mit Nähr- stoffen versorgten Standorten kann eine länger andauernde Nutzung des Kronenmaterials zu schwindenden Zuwächsen führen. Sind alle Wälder gleichermaßen betroffen? Nein, entschei- dend ist die Kombination von Baumarten und Ausgangsgestein. So müssen Kronennutzungen bei Böden auf Graniten und Gneisen in Ostbayern genau überprüft werden. Dies trifft ebenso zu bei Buntsandstein im Spessart oder bei flach- gründigen Kalkstandorten im Gebirge. Diese Böden können Mineralien nicht ohne weite- res nachliefern. Damit sind diese Böden nicht schlecht. Sie sind lediglich sorgsamer zu behandeln. Warum ist auch die Baumart entschei- dend? In unserem gemeinsam mit dem Zen- trum Wald-Forst-Holz durchgeführten For­ schungs­pro­jekt haben wir Standorte, Haupt- baumarten und deren Nährstoffhaushalt be- trachtet. Es gibt eine Art Rangliste der Baum­ arten. Am wenigsten Nährstoffentzug verur- sacht die Kiefer, gefolgt von Fichte, Eiche und schließlich der Buche. Bei dieser Baum­ art würde bei einer Vollbaumnutzung, also der Nutzung des gesamten oberirdischen Baumes, bis zu 10 kg Kalzium pro Jahr und Hektar entzogen werden – eine gewaltige Menge. Kann man die Verluste nicht durch Düngung ausgleichen? Bedingt. In Finnland wird das gemacht. Nach jeder Maßnah- me wird gekalkt und manchmal auch gedüngt, per Hubschrau- ber zum Beispiel. Für die Bayerischen Staatsforsten kommt es jedoch im Rahmen ihrer naturnahen Forst­wirtschaft nicht in Frage, als „Wiedergutmachung“ für eine zu starke Nutzung zu düngen oder zu kalken. Wir halten es für sinnvoller, die Ertragsfähigkeit der Böden im Staatswald durch eine ange- passte, verträgliche Nutzung vorsorgend sicherzustellen. Und dafür steht unser Nährstoffmanagement. Der Mensch kann ohnehin nicht alle Nährstoffe, die er aus dem Wald entnimmt, über die Düngung zurückführen. Auf den Menschen übertra- gen heißt das: Das ist wie Vitaminpillen zu schlucken anstatt alle wichtigen Nährstoffe, Vitamine und Spurenelemente über eine ausgewogene Ernährung zu sich zunehmen. Wie äußert sich Nährstoffmangel im Wald? Dies ist je nach Nährstoff sehr unterschiedlich und reicht von vergilbten Blät- tern/Nadeln bis hin zu deutlichen Wuchsstockungen. Welche Handlungsprinzipien liegen dem Nährstoffma- nagement zu Grunde? Grundlage ist eine Bilanzierung: Wie viel Kronenholz, in dem die meisten Nährstoffe gespeichert sind, muss bei welcher Baumart auf welchem Standort im Wald verbleiben? Ergebnis unserer Untersuchungen sind die Kronen- nutzungskarten. Mit denen kann der Revierleiter vor Ort ent- scheiden, wie intensiv er eine Nutzung in einem Bestand gestal- ten kann. Ein einfaches, praktisches und effektives Werk­zeug. Was heißt das für die Selbstwerber? Muss er sich sein Holz anderweitig besorgen? Natürlich soll es auch weiter- hin möglich sein, Brennholz im Wald zu machen. Aber Ein- schränkungen müssen auf schwächeren Standorten in ge­ wissem Umfang sein, vor allem bei der Nutzung von soge- nanntem Nichtderbholz, also Ästen mit einem Durchmesser von weniger als 7 Zentimetern. Haben die Menschen Verständnis für Ihr Nährstoffma- nagement? Unsere Revierleiter müssen vor Ort aufklären, dass die Kronen wichtig sind für den Wald. Sie müssen Antworten geben, wenn Menschen anführen, dass dieses Holz ohnehin im Wald verrotten würde, oder dass es nicht sauber ausschauen würde im Wald. Damit wir die Nährstoffnachhaltigkeit ge- währleisten können, brauchen wir dieses Management. Und das heißt auch, dass wir eine steigende Nachfrage ab einem bestimm- ten Punkt nicht mehr bedienen können. Wir sind als Förster für den Wald verantwortlich. Und das nicht nur heute, sondern auch für die Zukunft. Das verstehen die Menschen. Ist dieses Nährstoffmanagement etwas Neues? Ja, ich weiß von keinem vergleich- baren Ansatz in Mitteleuropa. Bei Tagungen oder sonstigen Treffen mit Forstkollegen wer- den wir zunehmend nach unseren Erkennt- nissen gefragt. d r .   k a y mü l l e r ist bei den Bayerischen Staats- forsten für die Standortserkundung und den Kontakt zu Forschungs­ einrichtungen zuständig. B A Y S F 2 0 1 2 n ä h r s t o f f m a n a gemen t

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