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Kurfürstliches Jagen im Selber Forst

Selb, 29. Januar 2018 - Dort wo jetzt eine prächtige Linde steht, stand vor rund 250 Jahren ein Jagdpavillon des Marktgrafen Friedrich (Bayreuth). Rund 50 Jagdgäste und Angehörige der BaySF konnten jetzt im historisch angelegten Jagdgarten eine Drückjagd der besonderen Art erleben.  

Nur eine Erinnerungstafel weist heute auf die einstige jagdliche Nutzung des Jagdgartens, genannt „Rondell“ hin. Schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde das Gebiet um das beschauliche Dorf Kaiserhammer (Thierstein) von der Bayreuther Marktgrafen jagdlich genutzt. 1706 errichtete der Marktgraf Christian Ernst ein Jagdhaus und einen Jagdgarten zur Ausübung der Parforcejagd. Noch heute sind die sternenförmig angelegten Alleen das Grundgerüst der forstlichen Erschließung.

Der einstige Jagdpavillon wurde erst 1761 durch den marktgräflichen Baumeister Carl Gonrad hinzugefügt. Das herrschaftliche Gebiet war, wie so oft in den Jagdgärten des Hochadels, eingezäunt. Unter Mithilfe der ansässigen Bauern wurde das Wild mit Pferden und zu Fuß in Richtung des Jagdpavillons getrieben, wo es dann erlegt wurde. Diese Art der Bejagung diente der Unterhaltung feudaler Jagdgesellschaften und war immer auch ein großes gesellschaftliches Ereignis in der Region.

Bis zu 100 Personen konnten seinerzeit der Jagdgesellschaft angehören.

Die Nachfahren Marktgraf Friedrichs verloren das Interesse an dieser Art der Jagdausübung, so dass der Jagdgarten zunehmend verfiel, Teile des Jagdschlosses  in Kaiserhammer abgerissen wurden und das Material sowie die Möbel für andere Zwecke verwendet wurden.

Der Distrikt Forst gehört heute zum Forstbetrieb Selb, Revier Thierstein und wird von der Revierleiterin Karen Löhner betreut. Mit dem Wegfall der Bejagung durch Pirschbezirkler, entschied sich der Forstbetrieb, erstmalig seit Jahrhunderten, wieder eine Gesellschaftsjagd abzuhalten.

Da für freijagende Hunde weder gefährdende Straßen noch angrenzende Jagdnachbarn ein Problem darstellen, war der Jagdbogen mit knapp 280 ha zu bejagender Fläche ein Idealfall für die Durchführung einer Drückjagd.

Zu Beginn der Jagdvorbereitungen, fand ein Jagdseminar mit Herrn Dietrich Henke, einem Revierleiter und Jagdprofi aus dem Stadtwald Treuenbrietzen (Brandenburg) statt. Neben dem FB Selb nahm auch eine Delegation aus dem FB Nordhalben teil. Die wesentlichen Verbesserungsvorschläge seines Jagdkonzepts zielten auf die standörtliche Verteilung der Drückjagdböcke und deren Bauart hin. So wurden im Seminar die ersten Drückjagdböcke nach seinen Vorstellungen im Jagdgebiet verteilt und die Systematik dazu erklärt. Da Wild in der Regel von einem Verjüngungskern in den anderen wechselt und dazu gerne sog. Dunkelbrücken nutz, wurden die Sitze so aufgestellt, dass genau diese Bereich abgepasst werden konnten. Sie folgen sozusagen einer gewissen Logik, die sich aus den Örtlichkeiten (Einstandsflächen) und dem benachbarten Sitz ergibt. Zudem wurde die optimale Bejagungsfläche ausgelotet und die Verbindung zum Nachbarsitz überprüft. Es sollte im Optimum eine flächendeckende Bejagung möglich sein. Die Sitze sollen einen ungefähren Abstand von 250-300 Metern haben.

Schon bei der Einrichtung der Jagd am Seminartag, wurde vielen Teilnehmern des Seminars klar, dass unsere Denkweise zur „Möblierung“ einer Jagdfläche vielfach anderen Ideen gefolgt ist. Allerdings findet dieses System seine Grenzen in Jagdbereichen mit ausgesprochen großen Dickungskomplexen. So wurde auch später deutlich, dass z.B. am Großen Kornberg, dieses Jagdkonzept nicht zielführend sein kann, weil die nach den Kalamitäten (Vivien, Wiebke, Kyrill) der vergangenen Jahrzehnte entstandenen Verjüngungsflächen viel zu groß sind (überwiegend Nadelholz). Die Sitze wurden mit einer überdurchschnittlichen Standhöhe von 3.00 Meter in Holzbauweise konzipiert und vom FB eigenständig angefertigt. Der eigentliche Clou an der Sache ist aber der, dass es die Möglichkeit einer Gewehrauflage für den stehenden Schuss gibt (s. Foto). Verharrende Stücke, Kugelfang vorausgesetzt, können so auch auf etwas größere Distanzen sicher erlegt werden.

Dass dieses Jagdkonzept schlüssig und erfolgreich ist, zeigte das Jagdergebnis nach dem Abblasen der Jagd. 50 Stück Wild (Rehwild 32, Schwarzwild 15, Fuchs 3) konnten innerhalb von 2,5 Stunden erlegt werden.

Auch wenn sich dieses Konzept nicht auf jede Jagd übertragen lässt, hat es doch dazu beigetragen den Blickwinkel auf unser eigenes Tun neu zu fokussieren.

Eine später durchgeführte und unter diesen Vorstellungen eingerichtete Jagd im Revier Perlenhaus, kam zu ähnlichen Ergebnissen und bestätigte das Konzept von Herrn Dietrich Henke.

Was Kurfürst Friedrich davon gehalten hätte, lässt sich nicht nachvollziehen, aber für die teilnehmenden Jäger war dieser Jagdtag ein außergewöhnliches Erlebnis und wird noch lange in Erinnerung bleiben.

Revierleiterin Frau Karen Löhner konnte sich von diesem Tag an entspannter auf den Hochsitz setzen, brachte das Ergebnis doch zwei Drittel ihres jährlichen Abschussplans.