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Der Sturm und die Nachhaltigkeit

09.03.2018, Kempten - „Manch ein Waldbesucher oder eine Waldbesucherin sorgen sich im Wirlinger Wald, ob die aktuellen Holzeinschläge nachhaltig sind“, erzählt der dort verantwortliche Förster Markus König. „Positiv finde ich dabei, dass sich die Menschen mit dem Geschehen im Wald auseinandersetzen und sich zusammen mit mir um diesen sorgen. Das freut mich! Leider dominieren der Sturm und der Borkenkäfer zurzeit unseren Waldbau“, so König weiter. 

„In der Tat sind die Bäume, die eingeschlagen und aufgearbeitet werden, nicht alle umgefallen. Bei ungefähr der Hälfte handelt es sich um Bäume, die so stark vom Sturm „angeschoben“ wurden, dass der Förster sie ernten muss. Denn viele Wurzeln sind abgerissen. Die Bäume fallen leicht beim nächsten Windstoß unkontrolliert um oder der Borkenkäfer befällt die geschwächten Bäume“, erklärt Forstbetriebsleiter Jann Oetting von den Bayerischen Staatsforsten. Auf den ersten Blick sind diese Bäume schwer zu erkennen. Wenn sie sich direkt auf den Betrachter zu- oder wegneigen, ist die „Schieflage“ kaum sichtbar. Markus König muss deshalb oft um jeden einzelnen Baum herumlaufen, um seinen Zustand einschätzen zu können.  

Zu den Sturmholzmengen vom Sommer kommt, dass es seitdem immer wieder auch bei weniger Wind neue Bäume geworfen oder angeschoben hat. Die Bäume machten zuerst einen stabilen Eindruck. Aber ihr Wurzelwerk war offensichtlich so vorgeschädigt, dass ein weiterer „Windschub“ sie umfallen lies. Einzelne Bäume, denen Markus König dann aufwändig „nachlaufen“ muss, weil sie überall verstreut sind. Und sie belasten das Rückegassensystem deutlich mehr: Zum Aufpolstern der Rückegassen liefern sie nur wenig Reisig. „Aber unsere Förster müssen diese Bäume finden und rechtzeitig vor der Borkenkäfersaison aus dem Wald bekommen – das ist viel Arbeit!“, mahnt Forstbetriebsleiter Oetting.

„So schlimm ein Sturmereignis auf den ersten Blick auch sein mag, es ergeben sich dadurch auch positive Effekte: Es entstehen Flächen, auf denen der Waldumbau vorangetrieben und ein stabiler, zukunftssicherer Mischwald begründet werden kann.“ sieht Oetting auch Vorteile. Gerne hebt er die Tanne hervor, die bei den Bayerischen Staatsforsten mit einer sogenannten „Tannenoffensive“ besonders gefördert wird. Für einen Staatsforstbetrieb wird alle zehn Jahre eine sogenannte „Forsteinrichtung“ erstellt. Dabei werden alle Wälder bei Begängen durch speziell dafür ausgebildete Forstleute inventarisiert, vermessen und beplant. Das Ergebnis bestimmt die Arbeit der Förster im Wald und definiert die naturalen Ziele wie Einschlag, Durchforstung, Jugendpflege und Neuanpflanzung. „Wenn es wie im Wirlinger Wald zu Sturm- oder Borkenkäferschäden kommt, gleichen wir den Mehreinschlag zwischen den Revieren aus. So bleibt auf Forstbetriebsebene die Nachhaltigkeit gewahrt. Insgesamt nutzen wir deutlich weniger, als zuwächst.“, erklärt Oetting.  

Und Förster Markus König ergänzt: „Wer den Orkan Wiebke noch erlebt hat und heute mit offenen Augen durch den Wald geht, wird feststellen, dass viele dieser Flächen ein Vierteljahrhundert später bereits dem Waldbild entsprechen, das wir für die Zukunft vor Augen haben. Wir haben damals die Chance genutzt und viel Laubholz und auch Tanne eingebracht. Die Natur braucht eben Zeit und der Förster Geduld!“