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Wer den Frühling einatmet, atmet seine Sorgen aus.

Wellness – so lautet das Losungswort unserer heutigen Gesellschaft. Nach vollbrachter Arbeit wuseln immer mehr Menschen in teure Massagezentren, Spa-Bäder und Fitness-Studios. Entspannen kann man aber auch anders. Direkt vor Würzburgs Toren liegt der Gramschatzer Wald – eine ganz natürliche Schönheitsfarm. Neben einem breiten „Erholungsangebot“ birgt er auch eine Einzigartigkeit Bayerns: einen hohen Laubbaumanteil von über 90 Prozent! Sie fragen sich jetzt sicher, was daran besonders sein soll, Eichen und Buchen kann man doch überall suchen. Das stimmt, aber wo findet man schon solch seltene Rosengewächse wie Speierlinge, Elsbeeren oder wilde Vogelkirschen? Der Gramschatzer Laubmischwald beheimatet auf rund 4.500 Hektar ganze 26 verschiedene Laubbaumarten. Gerade jetzt im Frühling entsteht dadurch ein prächtiges Farbenspiel. Denn solange die Laubbäume noch nicht voll erblüht sind, durchdringen die Sonnenstrahlen den ganzen Wald und verwöhnen selbst die kleinsten Pflanzen. Das ist die Saison der Geophyten. Ganze Felder von Buschwindröschen und Knotenblumen wie dem Märzenbecher schmücken nun den Gramschatzer Wald. Diese Artenvielfalt lässt zu Recht auf einen sehr fruchtbaren Boden schließen, wenn nicht sogar auf den fruchtbarsten Waldstandort in ganz Süddeutschland.

Aber warum ist dieses fruchtbare Land nicht besiedelt oder unter den Pflug genommen worden? Das haben wir der Jagdleidenschaft der Würzburger Bischöfe zu verdanken. Eine lange Zeit herrschte in dieser Gegend ein Wildbann. Im 17. und 18. Jahrhundert genoss hier die Parforcejagd große Beliebtheit. Die Bauern mussten ihre Jagdfron leisten und das Wild vor die fürstbischöfliche Jagdgesellschaft treiben, die es dann erlegte. An eine Rodung des Waldes war da nicht zu denken. Zum Glück, denn die kühle Luft aus dem Gramschatzer Wald schafft bis heute einen wesentlichen Klimaausgleich auf der Fränkischen Platte.

Heutzutage widmet man sich im Gramschatzer Wald aber ganz anderen Aktivitäten. Zahlreiche Rad- und Wanderwege führen durch den Wald und offenbaren seine schönsten Winkel. Wie etwa den Barfußpfad. Der Gang über Rindenmulch, Baumscheiben, Tannenzapfen, Gras oder Moor regt nicht nur die Durchblutung an. Das massiert die Füße besser als jedes Sprudelbad.

Etwas weiter gelangt man zum Kletterwald, der auch Hochseilgarten genannt wird. Hier fühlen sich Kinder wohl. Wie kleine Äffchen springen sie von Baum zu Baum. Wen wundert es da, dass der Gramschatzer Wald ein beliebtes Ausflugsziel für Schulen ist. Aber auch Erwachsene nehmen die Herausforderung gerne an und benehmen sich wie Zehnjährige.

Die vielseitigen Attraktionen gipfeln im Walderlebniszentrum, einem modernen Holzbau, der ganzjährig Informationen über den Lebensraum Wald sowie dessen Rohstoffe preisgibt. Hier kann man waldpädagogische Veranstaltungen und Ausstellungen erleben oder einfach beim Spazierengehen mehr über die Einwohner des Gramschatzer Waldes erfahren. Familie Eichhörnchen beispielsweise ist gerade sehr stolz auf ihren Nachwuchs.

Zugegeben, diese vielen Eindrücke müssen erst einmal verarbeitet werden. Zum Beispiel bei einem kühlen Bier. Da kommt das Waldhaus „Einsiedel“ gerade recht. Hier genießen Spaziergänger die Waldidylle und vergessen leicht einmal die Zeit. So ein Sonntagnachmittag ist aber auch schnell vergangen. Viele Würzburger sehen diesen Ort sogar als Geheimtipp und machen sich einzig zur Geselligkeit auf in ihren Wald. Hier macht die Waldeinsamkeit Pause.

Doch nicht nur das Waldhaus, sondern auch das Holz des Gramschatzer Waldes wird sehr geschätzt. Und davon hat er viel zu bieten. Jährlich verkaufen die Bayerischen Staatsforsten ca. 20.000 Festmeter des nachwachsenden Rohstoffes. Das Gros der Stämme geht an spezialisierte Laubholzsäger, ein Teil ist Brennholz für die Region und hin und wieder gelangen auch sehr wertvolle Hölzer in Form von Furnieren nach Asien oder Übersee. Und Frankreichs Weinfässer kommen nicht selten aus Unterfranken. Eine geregelte Waldwirtschaft mit Waldordnungen und Förstern ist seit 450 Jahren im Gramschatzer Wald nachgewiesen. Wenn im heutigen Hochwaldbetrieb geerntet wird, ist dabei stets für die Verjüngung des Waldes gesorgt. Ein Nachwachsen des verkauften Holzes ist also garantiert. Bis zum Tag der Ernte ist allerdings ein jahrzehntelanger Pflegeaufwand erforderlich. Dabei wächst das Holz schneller nach, als man meinen möchte: Die Holzmenge für das Walderlebniszentrum beispielsweise ist auf den 4.500 Hektar innerhalb von gerade einmal zehn Tagen nachgewachsen. So ist die Zukunft dieser Kraftquelle gesichert und wir können auch weiterhin Geist und Körper darin entspannen.

So, und ich mache mich jetzt auf zu meinem persönlichen Wellness-Tag im Gramschatzer Wald. Wenn Sie Lust haben, kommen Sie doch einfach mit!

 

von Kerstin Weidmann

 

Links:

Walderlebniszentrum Gramschatzer Wald

Barfusspfad