Ohne Wald ist der Spessart ...
[Text: Michael Suda und Günter Dobler]
Für den DUDEN ist der Spessart ein - zwischen Rhön und Odenwald gelegenes Mittelgebirge. Im Gegensatz zum Schwarzwald, Odenwald oder Steigerwald hat sich die hohe Bewaldung nicht unmittelbar im Namen niedergeschlagen. Der Name leitet sich jedoch aus Specht und Hardt ab und steht so für „Spechtswald“ (Kunze, K., dtv-Atlas Namenskunde. München 1998, S.101), es gibt also doch eine Verbindung zum Wald im Namen – wir atmen auf.
Im Juni 2013 begaben sich 15 Studenten und Studentinnen der Technischen Universität München begleitet von ihrem Professor für Wald- und Umweltpolitik Michael Suda und dessen Mitarbeiter Günter Dobler in den Wald zu den Spessartern. Sie wollten herausfinden, was den Menschen so alles durch den Kopf geht, wenn sie an den Spessart denken. Von Heigenbrücken aus rückten sie den Spessarter Bürgern auf den Pelz. Sie besuchten die Dörfer Heigenbrücken, Neuhütten und Rothenbuch, die Kleinstädte Lohr am Main, Gemünden und die Großstadt Aschaffenburg. Insgesamt wurden fast 300 Menschen befragt. Um Alterseffekte und den Einfluss den Wohnortes bestmöglichst zu erfassen, wurden entsprechende Quoten für die Befragung vorgegeben. Leider waren die jungen Frauen auf dem Dorf dann doch etwas unterrepräsentiert.
Die Studenten stellten so eigenartige Fragen wie: „Was fällten Ihnen spontan ein, wenn Sie an den Spessart denken?“ und notierten dann die ersten drei Eingebungen, die dem Gegenüber über die Lippen kamen. Sie hakten nach, wenn weniger als drei Assoziationen genannt wurden. Zusätzlich formulierten sie das Undenkbare und baten den folgenden Satzauftakt zu vervollständigen: „Ohne Wald ist der Spessart…“. Auch hier war die Antwort frei formulierbar, aber eine Aussage reichte. Die Antworten wurden dann zu einem Gesamtbild zusammengestellt, das wir hier kurz beschreiben möchten.
Was fällt den Spessartern ein, wenn Sie an den Spessart denken?
Dominiert wird dieses Bild vom Wald, der ganz offensichtlich untrennbar mit dem Spessart verbunden wird. Es sind dabei nicht so sehr Einzelbäume (Buche, Eiche), sondern eher der Gesamteindruck, den der Wald in diesem Gedankengebäude spielt. Der Wald ist Natur, in der Tiere ihren Platz finden. In der nächsten Annäherungsstufe wird dieser Wald als Ort der Ruhe, Erholung und Freizeit gesehen, hier kann man Aktivitäten (Radfahren, Wandern) nachgehen, aber auch die gute Luft genießen. Der Wald ist somit nicht nur Objekt, das von Außen betrachtet wird, sondern ein Raum der vom Menschen für Freizeit und Erholung genutzt wird. Die Adjektive beschreiben den Spessart als schön, lieblich und grün und nicht als kalt oder unwirtlich. Die Beschreibung der Landschaft (Berge, Wege, Main, Täler) tritt erstaunlicherweise in den Hintergrund. Einige sehen den Spessart als Heimat oder betonen Elemente der gebauten Umwelt (Ort, Dorf, Schloss), auch haben die Märchen und mit ihnen die Räuber nur eine kleine Spur in den Assoziationen hinterlassen. Die Welt im Spessart ist in Ordnung, nur ein verschwindend geringer Teil der Befragten (< 1%) erkennt Elemente der Zerstörung in ihrem Spessartbild. Das Bild ist also voller Harmonie, da gibt es keine Interessengegensätze oder Konflikte. Wald und Mensch bilden hier eine Einheit, die in einem Gleichgewicht zu schweben scheint.
Das Bild vom Spessart ist vom Wald geprägt. In diesem Wald suchen die Menschen Ruhe und Erholung oder gehen unterschiedlichen Aktivitäten nach. Der Spessarter fühlt sich offensichtlich wohl in dieser schönen Umgebung.
Ohne Wald ist der Spessart ....?
Es gibt keine neutrale Antwort auf diese Vorstellung. Der Spessart würde ohne Wald seine Identität einbüßen und wäre nicht mehr der Spessart. Ohne Wald wäre der Spessart nichts, tot oder leer. Die Gegend würde arm, langweilig, sinnlos, trostlos, leblos und schließlich wertlos. Für einen Teil der Befragten ist dies nicht einmal denkbar. Ein Spessart ohne Wald ist keine lebenswerte Umwelt mehr und in dieser tristen Umwelt gibt es auch keine menschlichen Aktivitäten mehr. Zwischen dem Wald und dem Spessart gibt es somit eine sehr enge Verbindung. Der Spessart ist, das hat sich bereits bei den ersten Assoziationen angedeutet, Wald. Man könnte sogar sagen: „Spessart = Wald“.
Weil gute Wissenschaftler ihre Methoden gerne variieren, wurde eine weitere Technik in der Befragung angewandt. Dabei ging es darum die Befragten mit bestimmten Aussagen zu konfrontieren, um zu sehen, ob diese diesen sogenannten Statements zustimmen, oder diese ablehnen. Im Mittelpunkt der Aussagen stand natürlich wieder der Wald im Spessart, der aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden sollte. Wie beurteilt die Bevölkerung die Holznutzung, welche wirtschaftliche Bedeutung hat der Wald, welche Rolle spielt er in der Landschaft und welche nationale Bedeutung hat er in den Augen der Spessarter.
Der Wald im Spessart ist in gutem Zustand attestieren 83% der Befragten und auch 70% bestätigen, dass die jetzige Holznutzung im Spessart in Ordnung sei. Der Wald im Spessart ist wichtig für den Tourismus sagen 95% und für 89% ist er ein wichtiger regionaler Wirtschaftsfaktor, durch den auch Arbeitsplätze (84%) entstehen. Der Wald ist, wie bereits dargestellt ein wichtiges Landschaftselement (99%) und nur für 5% der Befragten gibt es im Spessart zu viel Wald. Der Wald im Spessart hat für 90% der Befragten nationale Bedeutung. Bei diesen Fragen hat sich kein Unterschied zwischen den Befragungsorten gezeigt.
Der Wald ist für die Spessarter von zentraler Bedeutung. Entsprechend wichtig ist es für die Bevölkerung zu sehen, dass ihr Spechtswald in guten Händen ist. Diejenigen, die den Wald bewirtschaften tun gut daran, einen engen Kontakt mit den Spessartern zu suchen und den für die Bewirtschaftung Verantwortlichen ein Gesicht zu geben.