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BaySF_Magazin10_Waldjagd

SSonnenuntergang – In wenigen Minuten wird die Sonne am Horizont abtauchen. Oben glimmt das verschneite Sonntagshorn noch im Abendlicht. Mit 1 961 Metern Höhe ist der pyramidenförmige Gipfel der höchste Berg der Chiemgauer Alpen. Franz Obermayer, Förster im Forstrevier Laubau, marschiert mit seinen beiden Bracken durch das Sanierungsgebiet Danzing und mustert die Bäume. Tannen und Lärchen wachsen an dem Südhang, den er gerade hochklettert, Buchen, Mehlbeeren und Eschen. „Früher hat es hier schlimm ausgesehen“, sagt Obermayer, „die Salinen haben in dieser Region Kahlschlag betrieben. Man brauchte das Holz zur Salzgewinnung und in der Eisenverhüttung. Außerdem wurde der Wald intensiv beweidet“. In den 80 er- Jahren erkannte man schließlich, dass sich die Schutzwälder am Fuß des Sonntags- horns in einem miserablen Zustand befanden, ja von der Auflösung bedroht waren. Aber Schutzwälder, wofür eigentlich? Weit und breit sind keine Gebäude, Bahnstrecken oder Straßen zu erkennen, die von Lawinen verschüttet werden könnten. „In erster Linie geht es hier um den Wasserhaushalt“, erklärt der Revierleiter, „unab- hängig vom direkten Objektschutz.“ Die Waldböden sind ein wichtiger Puffer für den Oberflächenabfluss, nur durch stabile Wälder kann verhindert werden, dass die Flüs- se in den Bergtälern bei starken Regenfällen über die Ufer treten und katastrophale Schäden anrichten. Je mehr Wasser die einzelnen Wildbäche führen, desto gefährlicher wird die Situation im Tal. 1988 bis 1993 waren Zehntausende von Bäumen gepflanzt worden. Vergeblich. Bei der Inventur konnte man die Pflanzungen kaum noch finden. Alles war verbissen. „Wir haben dann vor 17 Jahren nochmal Fichten, Tannen, Lärchen und Buchen gepflanzt“, erinnert sich Obermayer, „und vom ersten Tag an viel geschossen.“ Viel zu hoch waren die da- maligen Bestände von Rehen und Gämsen. Die Abschussquoten wurden deutlich erhöht, auch wenn der Widerstand groß war. Von Seiten vieler Jäger, aber auch von Seiten mancher Naturliebhaber. „Die schießen ja die ganzen Berge leer“, hieß es vielerorts. Obermayer hielt durch und die waldbaulichen Erfolge waren schnell spür- und messbar. Endlich wuchsen die Bäume, endlich entstand der Mischwald, den man brauchte. „Die Fichten schauen nicht gut aus“, sagt Franz Obermayer und deutet auf ein paar höhere, aber kränkelnde Exemplare, „die werden halt an diesen flachgründigen Kalk­ standorten nicht wirklich alt.“ Ein Bergwald, der nur aus Fichten besteht, wie dies früher oft der Fall war, bietet deshalb nur zweifelhaften Schutz. Nicht umsonst besteht der natürlich vorkommende Bergwald aus Fichte, Tanne und Buche sowie Edellaub- holz wie dem Bergahorn. Zu anfällig sind Wälder, die nur aus einer Baumart bestehen, für Wind und Borkenkäfer. Umso stolzer ist Obermayer auf seine Tannen, auf die man hier nun wieder häufiger trifft. Jahrzehntelang hatte man sie bereits abgeschrieben, heute ist die Baumart im Gebirge rund um Ruhpolding erneut heimisch. Sieben Prozent des Gesamtbestandes macht die Tanne hier inzwischen aus, 14 Prozent sollen es einmal werden. „Heute haben wir die Tannenverjüngung von selbst“, erläutert der ehrgeizige Förster, „der Bergmisch- wald entsteht wieder ganz alleine.“ Künftige Generationen werden davon profitieren. Wer intensiv jagt, so das Credo der Bayerischen Staatsforsten, spart bei den Pflan- zungen, Zaunbauten und Verbauungen. Kosten in Millionenhöhe können auf diese Weise eingespart werden und gleichzeitig entsteht ein natürlicher Bergwald, mit Vorteilen für Mensch und Natur. „Die Sanierungsflächen leben davon, dass man stän- dig vor Ort ist“, erklärt Obermayer und lacht: „das ist wie ein Marathonlauf ohne Ziellinie. Zur Ruhe kommst du nie.“ Gespür, Ausdauer und profunde Kenntnisse der Wildbiologie braucht der Jäger, aber im Alleingang kann auch der Beste diese Mammutarbeit nicht stemmen. Und sei er ein noch so guter Schütze. „Du brauchst als Revierleiter kompetente Hilfe“, sagt Franz Obermayer. Nicht nur bei Bewegungs- und Drückjagden oder beim Sammelansitz. Ohne private Jäger geht es nicht. Nur die Richtigen müssen es eben sein, die ihr Handwerk beherrschen: „Natürlich sollen die Pirschbezirkler mit Freude jagen, aber sie müssen auch die Ergebnisse bringen, die wir brauchen.“ Genügend Wild gibt es in Obermayers Wäldern nach wie vor. „Keiner fordert ja Null- Verbiss“, erklärt er und zeigt hinauf zum Gipfel des Sonntagshorn. „Dort oben schie- ßen wir übrigens gar keine Gämsen. Da kann sie jeder Bergsteiger sehen.“ Ohne eine intensive Bejagung hat der lebenswichtige Schutz­ wald in den bayerischen Alpen keine Chance. Die Baye- rischen Staatsforsten sind dabei besonders in den Hoch- lagen auf das überdurch- schnittliche Engagement ihrer Mitarbeiter angewiesen. Revier- leiter Franz Obermayer und Berufsjäger Christian Schwei- ger, beide aus dem Forst­ betrieb Ruhpolding, gewähren Einblick in ihre Sanierungs­ gebiete. Im größten zusammen- hängenden Eigenjagdrevier Bayerns hat man durch konse- quente Bejagung viel erreicht. Frühaufsteher. Wer seine Semmeln als Berufsjäger verdient, erlebt den Sonnen- aufgang selten im Bett (oben). Waldjagd44 S C H U T Z W A L D

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