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BaySF_Magazin10_Waldjagd

Drück J A G D Pirsch J A G D Diese Bilder kennt jeder, aus dem Kino oder aus dem Fernsehen: An einem kalten Herbsttag streift ein Jäger durch den Bergwald. Er trägt Hut und Büchse und bewegt sich ruhig und bedächtig einen steilen Hang hinauf. Der Jäger bemüht sich, möglichst leise voranzukommen. In der kalten Luft kann er seinen Atem sehen. So weiß er auch, aus welcher Richtung der Wind weht. Vorsichtig setzt er einen Fuß neben den anderen, damit auch nicht der kleinste Zweig knackt. Manchmal bückt sich der Jäger, um eine Spur im Schnee zu betrachten: Stammt sie von einer Gams? Wie alt ist die Fährte? Unter allen Jagdarten ist die Pirschjagd wohl die romantischste und ursprüng- lichste. Fast ohne Hilfsmittel macht sich der Jäger auf, schleicht sich langsam an seine Beute heran, nutzt sein Wissen und seine Intuition. Genau so haben schon unsere Ahnen gejagt. Aber auch heute noch hat die Pirschjagd vor allem im Bergwald ihre Bedeutung, wenn auch im bayerischen Staatswald weniger als fünf Prozent alles erlegten Wilds auf der Pirschjagd zur Strecke gebracht wird. Im Flachland wird die Pirschjagd weniger praktiziert, weil der naturnahe Wald den Rehen so viel Deckung und Verstecke bietet, dass der Jäger auf der Pirsch nur noch selten ein Reh zu sehen bekommt. Vom Ansitz aus oder bei der Drückjagd sind die Chancen besser. Die Pirschjagd kann grundsätzlich ganzjährig unternommen werden. Pirsch- jagd auf Rehe ist vor allem in den Morgen- oder Abendstunden lohnend, wenn die Tiere ohnehin unterwegs sind; die tagaktive Gams kann auch tagsüber gejagt werden. Die Pirschjagd ist nur etwas für besonders ver­­sierte Jäger. Denn diese Jagdform ist äußerst anspruchsvoll. Der Jäger muss sich gut im Gebiet auskennen, er muss viel Erfahrung mitbringen, braucht Trittsicherheit und Kondition. Die Zeit zum Ansprechen des Tieres ist kürzer. Der Jäger muss schnell entschei- den, ob er ein Tier erlegen darf oder nicht und ob er die Gelegenheit hat, einen sicheren Schuss zu setzen. Zu guter Letzt braucht er auch noch genug Kraft, um eine zwanzig bis dreißig Kilo schwere Gams oder ein oft mehr als doppelt so schweres Stück Rotwild nach dem Schuss ins Tal zu bringen. Oft bekommt er von den Tieren aber ohnehin nur die Hin­terläufe zu sehen: Das Wild ist aufmerksam und nimmt Reißaus, sobald es nur das kleinste verräterische An- zeichen bemerkt. Eine alte Jägerweisheit besagt: „Wer viel pirscht, sieht viel. Wer viel sitzt, schießt viel.“ In früher Morgenstunde versammeln sich dreißig oder vier- zig Jäger. Nach einer kurzen Besprechung verteilen sie sich schrotschussartig über das zu bejagende Waldgebiet, das meist dreihundert bis fünfhundert Hektar (3 – 5 km ²) groß ist. Sitzt alles, starten die Hundeführer mit ihren Hunden. Die Hunde wittern das Wild und jagen „spurlaut“, das heißt, sie verfolgen die aufgenommene Spur des Wildes mit der Nase und bellen. Die Hunde kommen dabei viel langsamer vorwärts als das Wild, da sie immer wieder die Spur suchen müssen. Sie halten das Wild aber in Bewegung. Und dieses versucht, den Verfolger abzuschütteln und drückt sich davon. Entlang der sogenannten Dunkelbrücken, also dunklen und damit schwerer einzusehenden Teilen des Waldes, wo es sich besonders sicher wähnt. Genau an diesen Dunkelbrücken haben sich aber die Jäger positioniert. Ohne Hunde würde sich das Wild in der nächstbesten Deckung wieder einschieben und dort verharren, bis der Spuk vorbei ist. Ausreichend gute Hunde sind daher meist Grundvoraussetzung für jagd­lichen Erfolg. An einem einzigen Tag erzeugt die Drückjagd einen hohen Jagd- druck. Weil diese Jagdform aber sehr effektiv ist und schon mit einer einzigen Jagd ein guter Teil der Abschussquote erfüllt werden kann, tragen Drückjagden dazu bei, den Jagddruck insgesamt zu reduzieren. Deswegen wird die Drückjagd auch von Wildbiologen befürwortet. Bei hohem Schnee, wenn die Tiere ihren Energiehaushalt heruntergefahren haben und eine Flucht sehr anstrengend ist, verbietet sich eine Drückjagd von selbst. Die Drückjagd verlangt erfahrene Jäger, die in der Lage sind, die kurzen, aber guten Gelegenheiten zur Ansprache, d. h. ob das anwechselnde Wild freigegeben ist, und zum Schuss zu nutzen. Außerdem muss der Schütze sein Handwerk beherrschen: Die guten Momente, um ein Stück Wild zu erlegen, sind meist we- sentlich kürzer als bei der Ansitzjagd. Hier wie dort gilt es, Wild sicher, präzise und tödlich zu treffen, um unnötiges Leid zu verhindern. Im Gegensatz zum Ansitz ist das voll zur Verfügung stehende Tageslicht bei der Drückjagd von großem Vorteil. Knapp zwanzig Prozent aller erlegten Tiere werden auf dem Gebiet der Bayerischen Staatsforsten im Rahmen von Drück- jagden geschossen. Mit steigender Tendenz. Grund dafür ist die naturnahe Waldbewirtschaftung. Im früheren Altersklas- senwald fand das Wild im Wald selbst nur wenig Nahrung und musste zum Äsen meist auf Waldwiesen oder Wildäcker ziehen. Auf dem Weg dorthin und zurück und natürlich am Äsungs­platz selbst war es dann leichte Beute für die Ansitzjäger. In den naturverjüngten Mischwäldern, die wir mittlerweile überall in Bayern haben, findet das Reh aber jede Menge Nahrung und Deckung. Einstands- und Äsungsbereiche fallen häufig zusam- men. Das Wild muss nur noch selten über größere Distanzen wechseln, um an Äsung zu gelangen. Resultat ist: Man sieht weniger Wild. Und das erklärt auch, weshalb Drückjagden mit guten Hunden immer notwendiger werden. Diesen gesunden Mischwald wiederum gibt es nur, weil wir konsequent jagen. Daher gilt: Je erfolgreicher wir jagen, desto üppiger wächst der Wald – und die Jagd selbst wird immer anspruchsvoller. Waldjagd 15 F O R M en der J agd

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