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BaySF_Magazin10_Waldjagd

Ansitz J A G D Formen der Jagd Der erste Mensch, der ein Tier erlegte und das frische Fleisch zu seinen Hordenmitgliedern ans Feuer schleppte, musste sich keine Sorgen um sein Image machen. Der Mann war der Held der Höhle, bekam nicht nur das zarteste Filetstück, sondern auch die Anerkennung und Bewunde- rung des ganzen Stamms. Die Jäger der Jetztzeit haben es nicht mehr ganz so einfach. Mitunter werden sie selbst zu Gejagten der öffentlichen Meinung und müssen sich als Tiermörder mit Filzhut oder schießwütige Trophäenjäger beschimpfen lassen. Zu Unrecht. Das älteste Gewerbe der Welt ist die Jagd zwar nicht, aber trotzdem hatten die Jäger Jahrtausende Zeit, um Erfahrungen zu sammeln, aus Fehlern zu lernen und ihre Methoden und Techniken zu perfektionieren. Anders als die Menschen der Steinzeit müssen wir heute nicht mehr jagen, um satt zu werden. Wir jagen, weil es Freude bereitet. Wenn auch nicht zum reinen Vergnügen, wie das in der Feudalzeit der Adel tat. Maßstab für die rund 750 jagenden Be- schäftigten der Bayerischen Staatsforsten und die 8 500 privaten Jäger, die auf unseren Gebieten jagen, ist, dass sich die Naturverjüngung unserer standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutz- maßnahmen entwickeln können. Kurz: Maßstab ist der Schutz des Waldes. Das Wild verbeißt junge Bäume. Leben zu viele Rehe, Hirsche und Gäm- sen in unserem Wald, kann sich dieser nicht mehr verjüngen. Moderne Jagd bedeutet schonende Jagd. Der Jagddruck lässt sich über periodische Ruhephasen auch innerhalb der gesetzlichen Jagdzeit und über effiziente Jagdmethoden wie die Drückjagd so gering wie möglich halten. Die sicherlich für das Wild angenehmen Ruhephasen haben auch einen wenig altruistischen Nebeneffekt: Das Wild wird nicht zu vor- sichtig. Was wiederum eine handwerklich saubere und tierschutzge- rechte Jagd erleichtert. Gehen unsere Jäger in den Wald, schultern sie nicht nur Flinte oder Büchse. Sondern auch viel Verantwortung. Noch steht der Wald still und schweigt. Aber am Horizont zeigt sich schon der erste Silberstreif. Ein Fuchs läuft über die Wiese und setzt seine Schritte ganz vorsichtig, damit die tau- frischen Halme nicht sein Bauchfell nass machen. Der erste Vogel beginnt mit der Stimmprobe fürs morgendliche Gratis­ konzert. Der Wald am frühen Morgen ist wunderschön. Und der Jäger auf seiner Leiter ist mittendrin. Das ist aber nicht der Grund, warum die Ansitzjagd in Deutsch- land die am meisten verbreitete Jagdform ist. Rund achtzig Prozent aller auf den Gebieten der Bayerischen Staats­forsten erlegten Tiere werden vom Ansitz aus erlegt. Tatsächlich bietet die Ansitzjagd mindestens zwei große Vorteile. Richtig aus­ geführt ist die Ansitzjagd sehr unauffällig und schonend. Der Jäger pirscht sich vorsichtig an den Hochsitz heran, erklimmt ihn und wartet dann in der Abenddämmerung, in den frühen Morgenstunden und bei Vollmond auf vorbeizie- hendes Wild. Hochsitze stehen meist an Waldrändern oder Lichtungen, nahe von Orten, die das Wild zum Äsen aufsucht. Gerade offene Leitern bieten den Vorteil, ganz nah dran zu sein und gleichzeitig einen besseren Überblick als am Boden zu haben. Zudem bietet die erhöhte Position bei der Schuss- abgabe einen besseren Kugelfang. Das heißt, die Kugel schlägt sicher in der Erde ein, eine Gefährdung Dritter wird aus­ geschlossen. Und: Das Wild, das nichts von der Gegenwart des Jägers ahnt, lässt sich gut beobachten und „ansprechen“, also erkennen, ob es sich beispielsweise um eine Geiß, einen Bock oder ein sogenanntes Schmalreh handelt, also ein einjähriges, nichtführendes weibliches Stück. So ist selbstverständlich die Jagd auf Muttertiere, die Jungtiere bei sich führen, verbo­ ten. Um nicht zu riskieren, dass beispielsweise ein Reh im Moment des Schusses sich unerwartet bewegt, „warnt“ es der ver­sierte Jäger gerne durch einen Pfiff. Das Reh schreckt auf, sichert, beobachtet die Umgebung, steht dabei ganz still und kann so präzise getroffen werden. Auch anwechselndes Wild lässt sich auf diese Weise gut zum „Verhoffen“ bringen. Diese guten Bedingungen für den Schuss bilden den zweiten Vorteil der Ansitzjagd. Geduld braucht der Jäger allerdings schon. Es kann vorkommen, dass man viele Male ansitzen muss, um ein Stück Wild zu erlegen. Übertreiben sollte man es dabei aus eigenem Interesse nicht mit den Besuchen auf dem Hochsitz. Sitzt man häufig an, wird das Wild sehr vor­sichtig und sucht die entsprechenden Äsungsflächen gar nicht mehr auf. Das Wild bekommt eben doch häufig die Anwesenheit des Jägers mit. Sei es, weil der Wind kräuselt oder weil es nach Abrücken des Jägers seine Spur kreuzt. Es zieht sich dann in Dickungen zurück und tritt nur noch in der Dunkelheit zur Äsung aus. Nicht zuletzt um diesen Jagd- druck zu reduzieren, organisieren die Jagdverantwort­lichen im Staatswald zusätzlich Drückjagden. Verzichten will auf die Ansitzjagd aber niemand. Auch, weil sie einen ganz besonderen Nebeneffekt hat. Die ruhigen Stunden auf dem Hochsitz sind für viele Jäger eine gute Gelegenheit, in sich zu gehen und die Seele baumeln zu lassen. Der Jäger hat viel Zeit, um die Natur zu erleben. Mit den Dingen, die man dort erlebt, lassen sich Bücher füllen. T E X T     J akob S chrenk Waldjagd14 F O R M en der J agd 

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