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Habichtskauz – Wiedereinbürgerung und Monitoring

1. Projektbeschreibung

Das Projekt zur Wiedereinbürgerung der Habichtskäuze soll im Jahr 2017 mit der ersten Freilassung im Naturpark Steinwald (Bayern/Oberpfalz/Landkreis Tirschenreuth) starten. Bisher gibt es in Bayern nur eine Kleinpopulation im Nationalpark Bayerischer Wald und in dessen Randbereichen mit einem hohen Isolations- und Aussterberisiko.

Der von Südosten bis Nordwesten gerichtete nahezu zusammenhängende, nur gering fragmentierte und relativ dünn besiedelte Mittelgebirgskamm zwischen Sauwald (Donau), Böhmerwald, Oberpfälzer Wald, Steinwald, Fichtelgebirge, Thüringer Wald, Erzgebirge bis zum Harz stellt eine herausragende Ausbreitungsachse für die waldbewohnende Eulenart dar. Eine Ausweitung des Habichtskauzbestands nach Norden ist daher ein wertvoller Puffer gegen bedrohliche Bestandsschwankungen für dessen Kleinvorkommen im Bayerischen Wald und eine Erhöhung der genetischen Variabilität (schriftliche Mitteilung W. SCHERZINGER).

Der Habichtskauz soll als wichtige Leitart für verschiedenste floristische und faunistische Artengruppen dienen, um die Biodiversität und die Lebensräume der Nordbayerischen Kultur- und Waldlandschaften und der angrenzenden Waldlandschaften in Sachsen, Thüringen und Tschechien zu verbessern.

Das Wiedereinbürgerungsprojekt verfolgt keinen einseitigen, nur auf Artenschutz ausgelegten, sondern einen multifunktionalen Ansatz mit vielfältigen Synergieeffekten. Die Umweltbildung und Umweltpädagogik stellen einen Projektschwerpunkt dar: Erwachsene, Kinder, Jugendliche, Migranten und Neubürger mit einem vollkommen verschiedenen sozio-kulturellen Hintergrund sollen die Kompetenz erlangen, künftig eine persönliche Verantwortung für die Umwelt und Natur zu übernehmen.

Das Projekt ist für Bayern bisher einmalig; es stößt auf eine breite gesellschaftliche Akzeptanz. Alle natur- und tierschutzrechtlichen Genehmigungen zu einer Wiederansiedlung wurden erteilt. Die IUCN-Richtlinien für eine Wiedereinbürgerung werden eingehalten. Das Gebiet wurde von Experten (DR. FRIEDRICH BUER, PROF. DR. JÖRG MÜLLER, DR. SCHERZINGER) als gut geeignet beurteilt.

Kooperationspartner des Projektes sind bisher die Heinz Sielmann Stiftung, der Deutsche Falkenorden (DFO) und die Bayerischen Staatsforsten (BaySF).

2. Projektziele

  • Etablierung einer ohne menschliche Hilfe überlebenden Habichtskauz-Population in Nordbayern mit mindestens fünf reproduzierenden Brutpaaren im Umkreis von 50 Kilometern um das Auswilderungsgebiet
  • Verbesserung der Waldlebensräume, Erhöhung des Totholzanteils in dem Projektgebiet
  • Terrestrische Telemetrie der freigelassenen Tiere zur Nachvollziehung der Wanderungen freigelassener Jungeulen
  • Horstmonitoring, Kontrolle der Brutpaare durch „Verhören“ und Sichtbeobachtungen in freier Wildbahn
  • Analysen zur Bestimmung der jeweiligen genetischen Linien
  • Öffentlichkeitsarbeit: laufende Betreuung und Schulung der freiwilligen Habichtskauz-Beobachter sowie spezieller Zielgruppen wie Jäger, Förster etc.; Vorträge, Pressearbeit, Herausgabe Habichtskauz- Newsletter, Broschüren, Symposien, Öffentlichkeitsarbeit (Führungen & Vorträge)
  • Umweltbildung und Umweltpädagogik insbesondere für Kinder und Jugendliche
  • Begleitende wissenschaftliche Studien (Bachelor-, Masterarbeiten; Promotionen)

3. Geschichte

Noch im 19. Jahrhundert brütete der Habichtskauz (Strix uralensis) im Bayerischen-, Böhmer- und Oberpfälzer Wald. Der letzte Habichtskauz in Mitteleuropa wurde mutmaßlich um 1926 bei Sušice im Böhmerwald abgeschossen. Vorkommen in Deutschland sind aktuell nur aus dem Bayerischen Wald bekannt. Der Ornithologe WOLFGANG SCHERZINGER berichtete im Ornithologischen Anzeiger (2006, Nr. 45, Heft 2/3) von einem Brutplatz aus dem Jahr 1992 in einer hohlen Eiche im Fichtelgebirge. In dem Artikel nennt er auch weitere einzelne, ältere Sichtbeobachtungen aus Nordbayern.

Der Habichtskauz ist mit einer Größe von rund 60 cm und einer Spannweite von 120 cm der größte Kauz Mitteleuropas. Er bevorzugt Mischwälder mit Buchen, durchsetzt mit Altholz, freien Flächen (Waldwiesen, Kahlflächen, Sturmwurfflächen), um besser nach seiner Hauptbeute, den Mäusen, suchen zu können. In mäusearmen Notzeiten jagt er auch kleinere Vögel und Amphibien. Er brütet in Baumhöhlen, auf abgebrochenen höheren Baumstümpfen aber auch in alten verlassenen Greifvogelhorsten. Sehr gerne nimmt er auch künstliche Nisthilfen an.

Der Habichtskauz ist eine wichtige faunistische Zeiger- und Leitart für naturnah bewirtschaftete Wälder mit einem höheren Anteil an stehendem Totholz.