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Waldumbau durch Schlitze im Bergwald

Gepflanzte Weißtanne in einem vor sieben Jahren angelegten Schlitz. Foto: Rainer Ruf / BaySF

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Frisch angelegter Schlitz in mittelaltem Fichtenbestand. Foto: Rainer Ruf / BaySF

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2. Mai 2023, Sonthofen - Manchem fallen da und dort die künstlich geschaffenen Lücken im Bergwald auf. Vor allem in mittelalten Fichtenwäldern im Staatswald im südlichen Oberallgäu nach kürzlich durchgeführten Holzeinschlagsmaßnahmen. So auch auf dem Weg vom Giebelhaus zur Schwarzenberghütte im Hintersteiner Tal. Was steckt da dahinter?

„Der Wald im Eigentum des Freistaates Bayern ist vorbildlich zu bewirtschaften“ betont Sonthofens Forstbetriebsleiter Jann Oetting. „Hierzu gehört die Entwicklung der im Oberallgäuer Bergwald häufig vorhandenen, mittelalten fichtendominierten Waldbeständen hin zu mit mehreren Baumarten gemischten, ungleichaltrigen und somit stabileren Wäldern“, erläutert Oetting weiter.

Die waldbauliche Behandlung von staatlichen Waldbeständen im Hochgebirge ist in Bayern in der sogenannten Bergwaldrichtlinie festgelegt. Dieses Konzept wurde vor einigen Jahren von Waldbau-Spezialisten und Praktikern entwickelt und findet bei den Försterinnen und Förstern vor Ort viel Akzeptanz.

Revierleiter Rainer Ruf, der an dieser Bergwaldrichtlinie mitgearbeitet hat, erklärt: „Bei fichtendominierten Wäldern ab einem Alter von ca. 60 Jahren beginnt die sogenannte Verjüngungsphase. Zur Einleitung dieser Phase legen wir relativ schematisch schlitzförmige Lücken in den Waldbestand. Innerhalb der Schlitze werden alle Fichten gefällt und entnommen. Diese Schlitze sollen ungefähr 8 bis 15 Meter breit und 20 bis 40 Meter lang sein. Sie werden beidseitig versetzt entlang von Bringungslinien im Abstand von 20 bis 50 Metern angelegt, ein bisschen wie Fischgräten. Bringungslinien ist das Fachwort für geländeangepasste Rückegassen und -wege oder im nicht befahrbaren Gelände Seiltrassen im Abstand von rund 80 Metern. Die Ausrichtung der Schlitze zu den Bringungslinien erfolgt so, dass die Stämme ohne Beschädigung der verbleibenden Bäume herausgezogen werden können.“

In den angelegten Schlitzen kommt durch die Sonneneinstrahlung Licht und Wärme an den Boden. Dies ist die Voraussetzung, dass junge Bäume anwachsen können. Sind keine oder nur wenige Weißtannen und Buchen im Altbestand vorhanden, die für natürlichen Nachwuchs sorgen können, werden diese Mischbaumarten in die Schlitze gepflanzt. Nach einigen Jahren stellt sich in den Schlitzen bei passenden Verhältnissen auch Fichtennaturverjüngung ein. Unter gewissen Voraussetzungen kann es sein, dass sich zu viele Buchen ansamen oder dass der Boden in den Schlitzen verunkrautet. Dann müssen auch Fichten gepflanzt werden. Nochmal Förster Rainer Ruf: „Ziel ist ein Bergwald mit einem Drittelmix aus Fichte, Weißtanne und Buche. Stellen sich noch weitere Baumarten, wie z.B. Bergahorn oder Lärche ein, ist das durchaus erwünscht.“

Nach zehn bis 15 Jahren sind die jungen Bäume in den Schlitzen so weit entwickelt, dass sie zum Weiterwachsen mehr Licht benötigen. Zudem ist am verbliebenen Altholzbestand so viel Holzvorrat zugewachsen, dass wieder Holz genutzt werden kann. Jetzt werden Bäume am Rand der Schlitze entnommen, damit mehr Licht einfällt. Zudem werden in den vorher unbehandelten Zwischenfeldern einzelne Bäume entnommen, um in Summe den Zuwachs an Holzvorrat abschöpfen zu können.

Mit diesem waldbaulichen Vorgehen, können einförmige, fichtendominierte Wälder Schritt für Schritt zu gemischteren, gestufteren und ungleichaltrigen Beständen entwickelt werden. „Wir nutzen nur so viel Holz, wie nachwächst und sorgen gleichzeitig für einen klimastabileren Mischwald, der sowohl für den Menschen als auch für die Tier- und Pflanzenwelt hochattraktiv ist. Das nennen wir Nachhaltigkeit“, freut sich Forstbetriebsleiter Jann Oetting.