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Wald-Klimaforschung im Frankenwald

Wissenschaftliche Daten als Grundlage für den Waldumbau im Frankenwald : LWF-Klimaforscher Hans-Peter Dietrich stellt die aktuellen Forschungsergebnisse der Waldklimastation vor. (Bild Hagemann)

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Rothenkirchen, 4. Oktober 2018 - „Der saure Regen im Frankenwald ist Geschichte, aber der Waldboden vergisst nicht.“ Auf dieses einfache Fazit von Waldklimaforscher Hans-Peter Dietrich lassen sich die neuesten Erkenntnisse aus der Waldklimastation am Rennsteig zusammenfassen. Die vielfältigen Forschungsergebnisse gehen aber weit darüber hinaus.

Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in Freising (LWF) unterhält 19 Waldklimastationen in den wichtigsten Waldlandschaften Bayerns. Einmal im Jahr lädt sie deren Betreuer zu einer Dienstbesprechung mit forstlicher Exkursion ein. Dass die Wahl von Sachgebietsleiter Dietrich in diesem Jahr auf den Frankenwald fiel, geht auf die Auszeichnung „Waldgebiet des Jahres 2017“ zurück. Zusätzliche Aktualität gewann der Besuch der Forstleute aber durch den aktuellen Hitzesommer und die dadurch ausgelöste Borkenkäferkalamität. Natürlich ließ es sich LWF-Präsident Olaf Schmidt, in Tettau aufgewachsen, nicht nehmen, selbst bei der Veranstaltung dabei zu sein. Sein profundes Wissen über die Geschichte seiner Heimat und alles, was dort „kreucht und fleucht“, angereichert durch manche Anekdote aus früheren Frankenwald-Wintern, machte den Tag zu einem Erlebnis für die Teilnehmer.

Im Jugendwaldheim Lauenstein, von wo aus der Betrieb der Klimastation betreut wird, wurden zunächst nicht nur die Rekorde des Sommers 2018 sondern alle in den vergangenen Jahren gemessenen Klimadaten diskutiert: Die Klimaerwärmung im Jahresdurchschnitt um rund 1,5 Grad und das Ausbleiben von Niederschlägen im Sommerhalbjahr lassen sich anhand der Messreihen deutlich ablesen. Auf den meist flachgründigen Schieferböden im Frankenwald reicht die Bodenfeuchte für wasserbedürftige Baumarten wie die Fichte im Sommer oft nicht mehr aus. Trockenschäden und Borkenkäferbefall sind die Folge. Zudem ist mit häufigeren Hitzesommern zu rechnen. Auch der Sommer 2018 steht bereits in einer Reihe mit den „Jahrhundertsommern“ 2003 und 2015 und übertrifft diese in einigen Ausprägungen sogar noch.

Aber es gibt auch Positives zu vermelden: Die Einträge von waldschädlichem Schwefel sind seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts aus der Luft fast verschwunden und auch der Stickstoffeintrag ist insgesamt zuletzt stark rückläufig. Die Folge ist, dass der seit der Diskussion um das Waldsterben berüchtigte „Saure Regen“ im Frankenwald aufgehört hat. Leider sind nach den Messergebnissen am Rennsteig die Waldböden aber immer noch mit Schwefel und Nitrat belastet, so dass die Entlastung für die Vegetation deutlich langsamer greift. „Immerhin“, so Olaf Schmidt, „sind inzwischen wieder die typischen Bewohner der Frankenwaldbäche wie Bachforelle, Mühlkoppe und Bachneunauge bis in die Oberläufe zurückgekehrt. Das wäre vor 20 oder 30 Jahren wegen der Versauerung noch unmöglich gewesen.“ Die jetzt besser pflanzenverfügbaren Nährstoffe und die fast schwefelfreie Luft würden beste Voraussetzungen für die Einbringung von Tannen, Buchen, Douglasien und Edellaubhölzern bieten und so den dringend notwendigen Waldumbau ermöglichen.

Breiten Raum nahm die gemeinsame Besichtigung der Waldklimastation im Staatswald am Rennsteig ein. Hier werden an einer Freilandmessstation laufend alle relevanten Klimadaten erhoben, die dann mit den im Labor untersuchten Regen- und Bodenwasserproben zu Forschungsreihen zusammengestellt werden. In einem Fichtenbestand des Forstbetriebes Rothenkirchen der Bayerischen Staatsforsten werden zusätzlich alle Ergebnisse zum Zustand des Waldbodens, zum Ernährungs- und Kronenzustand der Bäume, zum Streufall und zur Bodenvegetation über die Jahre zusammengetragen. Forstbetriebsleiter Peter Hagemann und Forstrevierleiter Sebastian Kauppert machten am Beispiel dieses Waldbestandes deutlich, warum die Forschung gerade für den Frankenwald so wichtig ist: Als Folge eines verheerenden Sturmes im Jahr 1958 seien in der Region reine Fichtenbestände auf großer Fläche vorhanden. Diese litten aktuell besonders unter dem Kreislauf aus Trockenheit, Borkenkäfer und Sturm und müssten dringend verjüngt werden. „Da sind wir für jede Bestätigung unserer Arbeit dankbar“, so Hagemann, der das Vier-Baum-Prinzip der Bayerischen Staatsforsten vorstellte, nach dem in jedem Folgebestand mindestens vier verschiedene Baumarten mit größeren Anteilen vorhanden sein müssen. „Solche Mischbestände sind in jeder Hinsicht stabiler und können das Risiko für den Wald unserer Kinder und Enkel deutlich senken.“

Die besuchte Versuchsfläche im Staatswald stellt das Kernstück der Waldklimastation dar und liegt den Betreuern deshalb besonders am Herzen. Entsprechend groß war auch das abschließende Lob der Experten aus ganz Bayern für die Azubis des Forstbetriebes. Diese hatten zusammen mit Ausbildungsmeister Klaus Weiß den Bestand mit sogenannten „Hordengattern“ geschützt. Diese hölzernen Zaunelemente wurden mit großem Engagement von Hand zusammengebaut und aufgestellt und sollen den Bestand vor unbefugtem Betreten durch Mensch und Tier schützen. Damit die Forschung auch weiter wissenschaftliche Grundlagen für die Zukunft des Frankenwaldes bereitstellen kann.