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Nach keltischem Vorbild: Forstwirt Klaus Schmidt bearbeitet Stämme für Zangentor am Staffelberg

Altstadtfest Bad Staffelstein: P. Hagemann, Ausgrabungsleter Dr. M. Schußmann, K.Schmidt. Bild Alicia Vetter

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Bayerische Staatsforsten stellen Holz aus heimischen Wäldern zur Verfügung

Rothenkirchen, 20. August 2018 - Ein Klopfen unterbricht im 20-Sekunden-Takt das fröhliche Vogelgezwitscher im Geutenreuther Forst. Kraftvolle Schläge sind es, die dumpf auf Holz treffen. Präzise, schwungvoll und beharrlich hämmert Klaus Schmidt mit dem Beil auf den zehn Meter langen Eichenstamm ein. Will er den tatsächlich ganz allein nur mit der Hand zum Balken behauen?  „Ja“, sagt der Forstwirt und beschwichtigt: „Das ist gar nicht so schlimm, wie es aussieht. Man braucht nur einen Willen, zwei Hände, eine Schnur, zwei Äxte und ein bisschen Zeit.“  

Darum hat er auch seine Arbeitszeit beim Forstbetrieb Rothenkirchen in diesem Sommer verkürzt: Bis zum Herbst will er in seiner Freizeit das Holz, das für die Rekonstruktion des keltischen Zangentores am Staffelberg verbaut wird, von Hand behauen – wie einst die Kelten. Rund 40 Kubikmeter Schnittholz werden das wohl alles in allem sein- Pfosten für den Wall und Brüstungsmaterial, jeweils in unterschiedlichen Längen. Wie viel genau – das wird sich erst im Lauf der Ausgrabungen herausstellen, wenn sich genauer sagen lässt, wie die Konstruktion einmal beschaffen war.  

Ein ehrgeiziges Projekt, aber: „Das ist eine einmalige Chance, so etwas zu machen,“ findet Schmidt. „Mich hat das schon immer fasziniert, wie die Menschen das früher gemacht haben.“ Seit langem befasst sich der gelernte Schreiner mit alten Handwerkstechniken, „und wenn bei uns vor der Haustür so ein Projekt ins Leben gerufen wird, lasse ich mir das natürlich nicht entgehen!“, betont er.

„Ein Glücksfall für den Landkreis und das Keltenprojekt“
Landrat Christian Meißner

„Ein Glücksfall für den Landkreis und das Keltenprojekt“, freut sich Landrat Christian Meißner gemeinsam mit dem Leiter der archäologischen Grabung, Dr. Markus Schußmann, der die Arbeiten des Forstwirts wissenschaftlich begleitet. Das gilt auch für die Unterstützung seitens der Bayerischen Staatsforsten und des Leiters des Forstbetriebs Rothenkirchen, Peter Hagemann, der wiederum auch Chef von Klaus Schmidt ist.  

Hagemann begeistert das Engagement seines Mitarbeiters und so hat er dessen Wunsch auf Verkürzung der Arbeitszeit gern entsprochen. Aber mehr noch: „Eine der nachhaltigen Leistungen des Waldes ist die Erhaltung historischer Zivilisationsspuren. Aus dieser Verantwortung heraus stellen die Bayerischen Staatsforsten das Holz für das Keltentor aus den Forstrevieren Klosterlangheim, Lichtenfels und Weismain bereit“, sagt der Leiter des Forstbetriebs. „Das Projekt steht in bestem Sinne für die Werte forstlicher Nachhaltigkeit: die Nutzung nachwachsender Rohstoffe aus der Region und die Verwendung des umweltfreundlichen Rohstoffes Holz.“  

40 Kubikmeter Holz unter dem Beil  

„Die meiste Arbeit macht das Grobe“, erklärt Klaus Schmidt und hackt die Rinde mit einem Beil ab: Der voluminöse Stamm liegt eingeklemmt in einer etwas archaisch anmutenden Holzkonstruktion. Die hat der Forstwirt selbst gebaut – nach dem historischem Vorbild versteht sich. Im Winter hat er seinen ersten Balken nach dem Vorbild der Kelten mit einem Dechsel – so heißt das quer zum Stiel geschäftete Beil - Probe behauen.  

Im August geht es richtig los. Regelmäßig tauscht sich der 50-Jährige mit dem Archäologen Dr. Schußmann aus, besucht Vorträge, wälzt Fachliteratur, recherchiert im Internet, damit seine Arbeit möglichst authentisch ist. „Wenn ich etwas mache, will ich es g’scheit machen“, betont der Weismainer.  

„Zunächst wird der Stamm lang abgeschnürt und der Querschnitt des Holzes auf der Stirnseite angezeichnet“, erklärt Schmidt. Dafür braucht er Winkel und Lot. So vermessen, werden dann etwa alle 30 Zentimeter Kerben in den Stamm geschlagen. „Das geht mit frischem Eichenholz wesentlich besser als mit älterem“, sagt der Forstwirt und macht sich an die Feinarbeit mit dem Dechsel.  

Dechsel selbst konstruiert  

Das Querbeil hat er sich nach Zeichnungen von keltischen Werkzeugen mehr oder weniger selbst gefertigt: Als Stiel wählte er einen Astzweig, den er entsprechend bearbeitete, die Klinge bestellte er im Internet bei einem Schmied, der auf historische Werkzeuge spezialisiert ist. Ein ähnliches wurde bei Ausgrabungen am Staffelberg gefunden, berichtet Grabungsleiter Dr. Schußmann. Er erläutert, dass die Kelten zwar schon Sägen aus Metall fertigten – allerdings nur etwa in der Größe eines Fuchsschwanzes. Nachdem Sägen offenbar noch nicht in der nötigen Größe verfügbar waren, nutzen sie deswegen auch für die Bearbeitung von Stämmen Beile, Äxte und Dechsel.  

Das brachte dem Archäologen auch Vorteile bezüglich der Haltbarkeit: Während beim Sägen die Oberflächenporen des Holzes aufgerissen werden, so werden sie beim Zubeilen verschlossen, erklärt der Archäologe. Das verhindere, dass Wasser eindringen kann. Somit werde die Lebensdauer des Holzes verlängert. Sehr versiert seien die Kelten nicht nur bei der Bearbeitung, sondern auch bei der Wahl der Hölzer gewesen. Je nach deren Eigenschaften setzten sie sie für unterschiedliche Zwecke ein. Beispielsweise die Eiche für Bauten.  

Geschickte Handwerker  

Dr. Schußmann schildert die Kelten als sehr geschickte und kunstfertige Handwerker. Bei ihnen waren die heute noch traditionell geübten Holzverbindungen wie das Blatten und Kämmen, das Nuten und Verzapfen, der Blockbau und die Sicherung der Verbindungen durch Holznägel bekannt und voll entwickelt. Überall dort, wo sich im dauerhaft feuchten Boden unter Luftabschluss entsprechende Zeugnisse erhalten haben – es handelt sich meist um Schwellbalken, Brunnenkästen, Pfostenstümpfe, Brückenbauteile oder umgestürzte Wände – habe man bei Ausgrabungen feststellen können, dass die Holzverbindungen passgenau ausgeführt und die Oberflächen sorgfältig bearbeitet wurden, informiert der Archäologe.  

Rund 200 verschiedene Werkzeugtypen sind ihm zufolge aus spätkeltischer Zeit belegt. Viele davon (auch solche aus dem Holzhandwerk) wiesen eine Form auf, die sich aufgrund ihrer Funktionalität bis in die frühindustrielle Zeit kaum oder gar nicht verändert hat. Auffallend sei, sagt der Wissenschaftler, dass gerade bei der Axt als dem wichtigsten Zimmermannswerkszeug mit der Tülle an einer Form der Schäftung festgehalten wurde, die sich seit der Bronzezeit kaum verändert hatte. Da sie kaum weniger aufwendig herzustellen ist als eine Schaftlochaxt nach heutigem Muster, könnte dies wirklich an einem sehr stark ausgeprägtem Traditionsbewusstsein in diesem bereits damals sehr alten Handwerk gelegen haben, mutmaßt der Archäologe.  

Authentisch und anstrengend  

Klaus Schmidt findet es faszinierend, was die Kelten schon vor mehr als 2000 Jahren wussten. Deswegen will er im Rahmen seiner Arbeiten mehr darüber erfahren und lernen – über sie und über das Handwerk an sich: „Freilich ist das körperlich anstrengend“, sagt er, „aber es macht mir auch viel Freude.“  

Und er mag es authentisch. Deswegen hatte er sich eigens für die Vorführungen beim Bad Staffelsteiner Altstadtfest Ende Juli auch noch Kleidung nach historischem Vorbild beschafft – die Sandalen ließ er sogar eigens von einem Mailänder Schuhmacher anfertigen, verrät der Forstwirt und beilt beflissen weiter mit dem Dechsel am Stamm. Wie lange er genau brauchen wird für das viele Holz, vermag er noch nicht einzuschätzen. Das sei auch nicht so wichtig, meint er. Sondern, dass die Arbeiten rechtzeitig fertig und gut werden. „Und dass das Werkzeug scharf ist“, fügt Schmidt hinzu, um sich dann wieder ganz dem Bebeilen des Holzes zu widmen.