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Fichten fällen für den Klimawald – am Haibachmühlbach entsteht ein zukunftsfähiger Auwald

Die Exkursionsteilnehmer informieren sich über die Renaturierung am Haibachmühlbach (Foto: Lohberger).

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Der Spezialharvester Highlander in Aktion (Foto: Völkl).

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Bürgermeister, Gemeinderäte und Fachbehörden besuchen das Projekt „Renaturierung Bayerwaldbäche“

18. August 2022 Bodenmais/Haibachmühle - Eine Fachexkursion führte die Teilnehmer an den  Haibachmühlbach im Revier von Mathias Knippel vom Forstbetrieb Bodenmais Bayerische Staatsforsten AöR (BaySF). Ein sogenannter “Gebirgsharvester“ vom Typ „Highlander“ ist gerade in Aktion. Die Spezialmaschine kann die steilen Einhänge zum Bach bewältigen. Unterstützt wird sie von Beifällern, als Forstwirten, die Bäume außerhalb der Kranreichweite der Maschine fällen. Mit seiner zusätzlichen Seilwinde am Kran zieht der Highlander dann diese Bäume zur weiteren Aufarbeitung heran. Warum der ganze Aufwand?

Projektleiter Ernst Lohberger von der Fachstelle Waldnaturschutz Niederbayern erklärt die Hintergründe: „Die Bachsysteme des Bayerwaldes stellen die wichtigsten ökologischen Verbindungsachsen zwischen dem warmen Donautal und den kühlen Quellgebieten in den höchsten Lagen des Waldgebirges dar. Sie beherbergen nicht nur eine artenreiche Flora und Fauna, sondern haben für viele Tier- und Pflanzenarten eine zentrale Bedeutung als Wanderkorridore. Zu den typischen Bewohnern gehören etwa Kammmolch, Gelbbauchunke und Grubenlaufkäfer, der attraktive Eisenhut und die hochgradig gefährdete Flussperlmuschel. Viele Auen sind jedoch heute infolge von früheren Fichtenaufforstungen nicht mehr durchgängig.“

Wolfgang Kreuzer vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Regen ergänzt: „Wie viele andere Bachsysteme in der Region befindet sich auch der Haibachmühlbach in einem FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat, EU-Richtlinie „Natura 2000“). Die hierfür eigens erstellten Managementpläne haben dabei einen großen Handlungsbedarf festgestellt und geben entsprechende Empfehlungen zur Verbesserung des Erhaltungszustandes. Darauf aufbauend hat die Fachstelle Waldnaturschutz Niederbayern bereits 2021 das Projekt „Revitalisierung Bayerwaldbäche“ ins Leben gerufen und gemeinsam mit dem Forstbetrieb Bodenmais der Fachstelle Waldnaturschutz und dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Regen ein passendes Maßnahmenpaket entwickelt“.

„Wir als größter Grundstücksanlieger am Haibachmühlbach unterstützen mit dieser Aktion das Projekt Bayerwaldbäche nach Kräften“, sagt Jürgen Völkl, Leiter am BaySF Forstbetrieb Bodenmais . „wir starten nun am Haibachmühlbach die Umsetzung. Als Erstes heißt das, der Bachlauf wird – zunächst im Staatswald – „entfichtet“.

Das weitere Vorgehen erläutert Richard Parzefall von der Fachstelle Naturschutz: „Leitbild der Umsetzung ist ein naturnaher Wald in der Bachaue und an den Taleinhängen, mit ökologisch zur Aue passenden, klimatoleranten Baumarten. Diese sollen die durch Sturm und Borkenkäferbefall gefährdeten Fichtenbestände nach und nach ablösen. Am urigen, mäandrierenden Haibachmühlbach wird so wieder eine lebendige Aue entstehen, die einerseits aus blütenreichen Staudenfluren, mit so seltenen Arten wie Straußfarn und Bachnelkenwurz, andererseits aus den am Ufer noch vorhandenen Auenbaumarten wie Schwarzerle, Traubenkirsche, Birke und Weide besteht. Auf die zahlreichen Quellbäche legen wir dabei besonderes Augenmerk.Mit zunehmender Entfernung vom Fließgewässer setzen wir dann auf Bergahorn, Bergulme, Tannen und Besonderheiten wie Winterlinde, Spitzahorn und Vogelkirsche. In den tief eingekerbten Tälchen der Bachhänge entsteht so ein neuer Schluchtwald. In vielen Bereichen sind diese Baumarten schon in der Waldverjüngung vorhanden und haben nur darauf gewartet, mehr Licht abzubekommen, um richtig loswachsen zu können“.

Abschließend Ernst Lohberger: „Der neu aufwachsende Auwald kommt besonders dem scheuen Haselhuhn zugute, das am Haibachmühlbach inzwischen zaghafte Besiedlungsversuche unternommen hat. Die neu aufwachsenden Erlen und Weiden im Uferbereich bieten Deckung und Nahrung. Von der Zurücknahme der Fichten profitiert wiederum die Flussperlmuschel. Besonders wertvolle Strukturen wie Biotopbäume und älteres Totholz dienen Spechten, Fledermäusen und vielen Insektenarten als Brut- und Aufzuchtstätte. Sie bleiben ebenso erhalten wie die vielen „Talwächter“, das sind tief beastete, bizarre Uralt-Fichten. Stark sumpfige Bereiche mit Quellen und kleinen Niedermooren mit seltenen und gefährdeten Pflanzenarten bleiben offen. Hier entscheidet die Natur über die weitere Entwicklung. Alle diese Strukturen geben als echte Kleinode dem umgebenden Wald sein „ökologisches Gesicht“ und erhöhen nebenbei die Artenvielfalt beträchtlich. Alles in Allem entsteht hier der stabile, multifunktionale, klimagerechte Auwald der Zukunft!“

Foto von links nach rechts:  Martin Behringer, Bürgermeister Thurmansbang, 
Ernst Lohberger, Fachstelle Waldnaturschutz, Mathias Knippel, Revierleiter Klingenbrunn, Richard Parzefall, Fachstelle Waldnaturschutz,  Jürgen Völkl, Forstbetriebsleiter Bodenmais, Tobias Nienhaus, Naturschutzfachreferent LRA Freyung Grafenau, Karl Schneck, Gemeinderat Schönberg, Max König, Bürgermeister Saldenburg, Wolfgang Kreuzer, Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten Regen.