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Tausende zusätzliche Klimabäume für den Wald von morgen

Die Waldarbeiter transportieren die jungen Klimabäumchen zum Pflanzort (Foto: BaySF/A. Kelle).

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Auf den Pflanzflächen werden die jungen Bäumchen von den Waldarbeitern sorgfältig gepflanzt - wie hier eine kleine Tanne (Foto: BaySF/S. Wiebel).

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Bayerische Staatsforsten geben „Gas“ beim Waldumbau

Schliersee, 12. Mai 2021 - Die Menschen in Bayern lieben den Wald. Ein Spaziergang im Grünen, die aromatische Waldluft inhalieren, die Seele im Schatten der Bäume baumeln lassen – nicht nur in der schwierigen Zeit der Corona-Pandemie ist der Wald ein beliebter Rückzugs- und Erholungsort für die Bevölkerung.

Der Forstbetrieb Schliersee arbeitet mit Hochdruck daran, dass der Staatswald in der Region auch in Zukunft all seine vielfältigen Aufgaben erfüllen kann. Schließlich werden auch die nächsten Generationen darauf angewiesen sein, dass die Wälder Lebensraum für Tiere und Pflanzen bieten. Dass er für saubere Luft und Trinkwasser sorgt, uns vor Steinschlag und Lawinen schützt. Dass er den klimafreundlichen Wertstoff Holz nachwachsen lässt und uns für unsere Freitzeitaktivitäten zur Verfügung steht.

Selbstverständlich ist das alles nicht, denn der fortschreitende Klimawandel fordert die Wälder in Bayern heraus. Fehlende Niederschläge, heiße Sommer, Sturm- und Schneebruchschäden und der gefräßige Borkenkäfer haben in den vergangenen Jahren bayernweit zu massiven Schäden und vielen abgestorbenen Bäumen geführt. „Deshalb geben wir Gas beim Waldumbau“, erklärt Forstbetriebsleiter Jörg Meyer. „Bislang sind wir hier im Süden Bayerns im Klimawandel zwar noch mit einem blauen Auge davongekommen“, erläutert der Forstbetriebsleiter. Durch die höheren Niederschläge und kühleren Temperaturen im Gebirge und Alpenvorland seien die Waldschäden in seinem Forstbetrieb in den letzten Jahren deutlich geringer ausgefallen als z. B. im viel trockeneren Franken. Trotzdem häuften sich bedingt durch den Klimawandel auch im Süden Borkenkäfervermehrungen, Sturmwürfe und Schäden durch Nassschnee.

„Unsere Waldarbeiter pflanzen viele junge Bäumchen. Kleine Tannen, Lärchen, Buchen, Eichen und Douglasien sollen zu einem gemischten Klimawald von morgen heranwachsen. Denn ein Mischwald ist viel widerstandsfähiger als ein reiner Fichtenforst“, so Meyer. Am besten sei es, wenn die Mischbaumarten sich ganz von Natur aus ansamten. Wo aber Samenbäume fehlen, würde der Forstbetrieb dem Wald durch Pflanzungen unter die Arme greifen.

Im letzten halben Jahr wurden am Forstbetrieb Schliersee fast 60.000 junge Bäume gepflanzt. Darunter sind über 6.000 Pflänzchen, die als sog. Klimawald-Kulturen zusätzlich zum planmäßigen Waldumbauprogramm des Forstbetriebs gesetzt wurden. Dies war möglich, da Ministerpräsident Markus Söder und Forstministerin Michaela Kaniber ein bayernweites Klimawald-Paket geschnürt haben. Dadurch soll der Waldumbau in Bayern noch schneller als bisher geplant abgeschlossen werden. Bis 2030 soll der Großteil des Bayerischen Staatswald „klimafit“ umgebaut sein. In ganz Bayern kamen in den vergangenen sechs Monaten über 1,5 Millionen Waldbäume ins Erdreich, davon mehr als 300.000 in Oberbayern.

Entscheidend für den erfolgreichen Waldumbau und die Zukunftsfähigkeit des Waldes für kommende Generationen sei es, die richtigen Baumarten einzusetzen. Also Baumarten, die dem Klimawandel – höheren Temperaturen, mehr Trockenheit, weniger Niederschlägen, aber auch verstärkt auftretenden Schädlingen – standhalten. Die heimischen Baumarten spielten dabei auch weiterhin die wesentliche Rolle. Es werde allerdings eine Verschiebung in der Baumartenzusammensetzung geben. Nachdem es am Forstbetrieb Schliersee vom Hochgebirge bis hinunter ins Flachland ganz unterschiedliche Standortverhältnisse gibt, müsse für jede Pflanzfläche ganz individuell entschieden werden, welche Baumart sich am besten eignet.

Im Bergwald setze der Forstbetrieb nach wie vor auf die natürliche Waldzusammensetzung des Bergmischwaldes: Fichte, Tanne, Buche, Bergahorn. Wichtig ist Meyer dabei die Tanne. Ihre ausgeprägte Pfahlwurzel erreiche auch tiefergelegene Wasservorräte und gebe ihr Stabilität auch bei stärkerem Wind. Für ein gutes Aufwachsen der kleinen Tannen sei eine zielgerichtete Jagdausübung ausschlaggebend, da sie sehr gerne vom Wild verbissen werde.

„In tieferen Lagen des Forstbetriebs bauen wir auch auf bewährte Baumarten wie Tanne, Buche, Lärche oder Douglasie – aber zusätzlich auf seltenere, bisher nur in geringerem Umfang gepflanzte Baumarten wie Elsbeere, Flatterulme, Schwarzpappel, Esskastanie, Kirsche, Eibe, Feldahorn oder Linde. So werden wir zu einer größeren Vielfalt im Wald kommen. Und gerade die Mischung ist bei einer unsicheren Zukunft die beste Risikoabsicherung. Das Motto lautet also: ‚Wer streut, der rutscht nicht aus‘“, so der Forstmann. Nach Möglichkeit sollten mindestens vier verschiedene Baumarten auf einer Fläche wachsen. Ziel der Klimawald-Kulturen sei es, dass die neue Baumartenzusammensetzung klimatoleranter als bisher werde. Fichten und Kiefern würden in Bayerns Zukunftswäldern langfristig deutlich weniger Anteile haben als heute.

Vorsichtig sind die Bayerischen Staatsforsten beim Ausbringen nicht heimischer Baumarten. „Gastbaumarten“ aus den warm-trockenen Klimazonen, die es auch in Bayern verstärkt geben wird, seien zwar eine Option, müssten aber zunächst in wissenschaftlich begleiteten Praxisanbauversuchen genau getestet werden. „Es dauert mindestens zehn bis zwanzig Jahre, bis wir entscheiden können, ob und wo neue Baumarten wie Atlaszeder, Libanonzeder oder Baumhasel in nennenswerten Stückzahlen ausgebracht werden könnten“, so Meyer.

Forstbetrieb Schliersee

Meyer ist verantwortlich für 34.000 ha Staatswald. Der Forstbetrieb Schliersee teilt sich in zehn Forstreviere auf. Die Waldflächen liegen im Hofoldinger Forst, in der Region Tegernsee-Schliersee, rund um Bayrischzell, im Inntal sowie im Umfeld von Rosenheim und Rott am Inn. Die Förster, Waldarbeiter und Berufsjäger kümmern sich nachhaltig um den Staatswald. Dazu zählt z. B. die Pflege des Waldes, die Pflanzung von Bäumen, die Holzernte, die Durchführung von zahlreichen Naturschutzprojekten, die Ausübung der Jagd und die Pflege des Wegenetzes im Wald.

Letzteres wird auch von vielen Erholungssuchenden intensiv genutzt, vom Spaziergänger bis zum Mountainbiker. Wegen der Reisebeschränkungen auf Grund der Corona-Pandemie wurden manche Wälder des Forstbetriebs an schönen Wochenenden in den letzten Monaten regelrecht überrannt, so beispielsweise am Spitzingsee. Meyer freut sich über die Beliebtheit der Wälder in seinem Zuständigkeitsbereich. Er bittet die Besucher aber, behutsam mit der sensiblen Natur umzugehen: „Der Großteil der Waldgäste macht das prima. Aber trotzdem gibt es immer wieder Ärger. Wäre es nicht selbstverständlich, den Abfall wieder mitzunehmen? Wären Auerwild, Gams und Co. nicht dankbar, wenn ich in der Dämmerung oder gar zu Nachtzeiten nicht mehr im Wald herumspringe? Ganz zu schweigen von wildem Biwakieren auf dem Berggipfel oder Mountainbiken abseits der Wege mitten durch die mühsam bepflanzte Kulturfläche.“ Hier baut Meyer auf Verständnis der Waldbesucher.

Ausblick

Auf Grund des bislang kühlen Frühjahrs 2021 macht sich Meyer Hoffnung, dass sich die Borkenkäfer gebremster als sonst entwickeln werden. Die Förster würden alles geben, die Käfer mit regelmäßiger Suche nach befallenen Fichten und schnellem Fällen der Bäume in Schach zu halten. Gleichzeitig zeigt sich Meyer erfreut, dass die Nachfrage nach heimischem Holz in den letzten Wochen deutlich angezogen habe. Nach vielen Monaten, in denen Holz nur zu geringen Preisen abgesetzt werden konnte, sei dies ein wichtiger Lichtblick für den Forstbetrieb. „Nachhaltig produziertes Holz ist ein Bau- und Wertstoff mit großer Zukunft. Es ist weitgehend CO2-neutral, vielfältig einsetzbar und wächst vor unserer Haustüre“, schwärmt Meyer.

Meyer ist zwar überzeugt, dass der Klimawandel seinen Förstern und Waldarbeitern in der Zukunft noch weitere Sorgen bereiten wird. Er ist aber guter Dinge, dass die aus dem Waldumbau hervorgehenden stabilen und vielfältigen Mischwälder die beste Voraussetzung sind, dass die Menschen in Bayern auch künftig ihren Wald und seine Leistungen in vollen Zügen genießen können.