Headerimage

Baumschmarotzer im Kürnacher Wald

Oberirdischer Teil der gewöhnlichen Schuppenwurz (Foto: Simon Lipp, BaySF)

Download

Schuppenwurz im Allgäu

19.03.2024, Sonthofen/Eschach – „Keine Sorge, der Baumbestand in der Kürnach ist nicht gefährdet“, beruhigt Förster Simon Lipp. „Vielmehr zeigt sich zurzeit eine eigenartige und die meiste Zeit verborgene Pflanze. Ein sogenannter Vollparasit, die gewöhnliche Schuppenwurz.“

Jetzt im Frühjahr, nach der Schneeschmelze, kann man im Buchenlaub die rosa bis -lila gefärbten Blütenstände der gewöhnlichen Schuppenwurz entdecken. Bei Fachleuten heißt sie Lathraea squamaria. Doch die Besonderheit dieser Pflanze liegt nicht über, sondern unter der Erde, denn die Schuppenwurz ist eine Schmarotzerpflanze.

Unterirdisch bildet die Pflanze ein bis zu zwei Meter langes Wurzelgeflecht aus. Über Saugorgane dringt der Vollparasit in das Wurzelgewebe von Bäumen ein. Im Frühjahr transportieren die Bäume zum Blattaustrieb nährstoffreichen Saft nach oben in die Baumkronen. Diesen Mechanismus nutzt die Schuppenwurz und zapft die Bäume sprichwörtlich an. Darum besitzt die Pflanze oberirdisch auch keine grünen Blätter, weil sie keine Photosynthese betreiben muss, um an Energie zu kommen. „So kann der Parasit seine Nährstoffspeicher auffüllen. Ein schlaues Vorgehen“, schmunzelt Revierleiter Simon Lipp. Er ist zuständig für die Pflege des südlichen Kürnacher Staatswaldes und hat den oberirdischen Teil der Pflanze entdeckt. Der Schaden für den Wirtsbaum hält sich jedoch in Grenzen. Die angezapften Bäume sind eher robust.

Die Schuppenwurz ist eine ausdauernde Pflanze. Die kalte Jahreszeit überdauert sie unterirdisch mit ihrem reich verzweigten und bis zu fünf Kilo schweren Wurzelgeflecht. Erst nach zehn Jahren zeigt sich eine oberirdische Blüte. Wer eine solche entdeckt, war also zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

„Ein weiterer Hinweis, wie artenreich und vielfältig unsere bewirtschafteten Wälder sein können“, findet Sonthofens Staatsforsten-Chef Jann Oetting. Ihm sind die Blütenstände der Schuppenwurz zwar regelmäßig aufgefallen, aber die Hintergrundinformationen hat er erst jetzt von Revierleiter Simon Lipp erhalten. „Ich freue mich immer wieder über das umfangreiche Naturschutzwissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Bayerischen Staatsforsten.“ Bestäubt wird die Art übrigens von Hummeln und Wildbienen. Auch Windbestäubung ist möglich. Die Samen, die heranreifen, werden durch Wasser, Wind und Ameisen verbreitet. Zum Auskeimen darf der Samen maximal einen Zentimeter von der Wurzel einer Wirtspflanze entfernt sein. Die Schuppenwurz ist in Europa weit verbreitet, vereinzelt kommt sie auch im Himalaya vor.