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Zwischen Osser und Arber - Internationaler Informationsaustausch zum Luchs

Luchsin "Hope". Foto: Julius Kramer, fokusnatur.

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Dem Informationsaustausch mit ihren bayerischen Kollegen war der Besuch von rund 20 tschechischen Jägern, Förstern und Biologen gewidmet. Im Zentrum der Tagesexkursion durch die grenznahen Wälder zwischen Arnbruck, Lam und Zwiesel stand eine der attraktivsten Wildtierarten der Region: der Luchs. Ziel der tschechischen Delegation war es, einen Eindruck zu gewinnen, welche Rolle der Luchs angesichts der bestehenden jagd- und forstwirtschaftlichen Nutzungsinteressen spielt und welche Möglichkeiten für einen konstruktiven Umgang mit dem Thema Luchs und Reh gefunden werden können.

Die Aufmerksamkeit für diese eigentlich unauffällig unter uns lebende Katzenart schoss in die Höhe als im Jahr 2015 vier abgeschnittene Luchsvorderbeine im Lamer Winkel gefunden wurden. Das verschaffte der Gegend traurige Berühmtheit, und das weit über Bayern hinaus. Inzwischen ist nach umfangreichen polizeilichen Ermittlungen Anklage gegen einen Jäger aus Lohberg erhoben worden. Ausgang ungewiss. Für die tschechischen Besucher, die illegale Tötungen von Luchsen in ihrem Land nur allzu gut kennen, war es von Interesse, welche Maßnahmen zur Ergreifung des ermittelten Täters geführt haben. „Wir setzen große Hoffnung in unsere polizeiliche Ermittlungseinheit für Artenschutzkriminalität“, sagt Anežka Pavlíková vom tschechischen Umweltministerium und ergänzt: „Es ist ein gemeinsames Anliegen von uns und den Kollegen in Bayern, die illegalen Tötungen zu reduzieren.“

Erfassung des Luchsbestands auf 13.000 Quadratkilometern - einmalig in Europa Durch das länderübergreifende Luchs-Monitoring, das mit über 13.000 Quadratkilometern eine riesige Fläche abdeckt, lasse sich nicht nur die Gesamtanzahl recht genau ermitteln, sondern auch der Verbleib von ab- und durchwandernden Luchsen gut nachverfolgen. Davon ist Sybille Wölfl, verantwortlich für das Luchs-Monitoring auf bayerischer Seite, überzeugt. „Sollte ein Luchs, der sich hier sesshaft gemacht hat, wieder plötzlich verschwinden, bekommen wir das sehr schnell mit“, sagt sie. „Der grenzüberschreitende Austausch über die erfassten Luchse funktioniert gut und schnell“, ergänzt Elisa Belotti, die für den Nationalpark Sumava das Luchs-Monitoring koordiniert. Einige ihrer 2 Helfer hat sie heute mitgebracht. Sie betreuen Reviere im Landschaftsschutzgebiet, das den Sumava- Nationalpark umgibt und gaben wertvolle Hinweise für erfolgversprechende Fotofallenstandorte. Es sei sehr viel akribische Arbeit, die zahlreichen Luchsbilder zu vergleichen, die auf so großer Fläche gewonnen würden. „Viele Luchsbilder bedeuten aber nicht automatisch viele Luchse. Vor diesem Trugschluss muss man sich hüten“, warnt die Expertin.

Leicht positiver Trend in der Luchspopulation

Die länderübergreifende Luchspopulation hat sich inzwischen von ihren Verlusten erholt. Die aktuell ermittelte Gesamtzahl der böhmisch-bayerisch-österreichischen Population beläuft sich auf mindestens 110 erwachsene und halbwüchsige Luchse. Die LuchsforscherInnen auf beiden Seiten der Grenze sprechen von einem leicht positiven Trend. „Ja, es sind mehr Luchse als noch vor drei oder vier Jahren“, bestätigt Sybille Wölfl, „wenngleich wir nach wie vor schwarze Löcher definieren können, wo uns immer wieder Luchse verschollen gehen.“

Obwohl sich auch der lokale Luchsbestand zwischen Osser und Arber stabilisiert hat, ist die Gegend immer noch nicht zur Ruhe gekommen. Das scheint jedoch weniger mit den Luchsen zu tun haben als mit den Menschen. „Die Beschwerden, dass es wegen dem Luchs keine Rehe mehr im Lamer Winkel gäbe, sind an den Haaren herbeigezogen“, meint Klaus Neuberger, dessen Revier eines der Exkursionsziele in Lam ist. Er ist davon überzeugt, dass die Waldstruktur und das Äsungsangebot für Rehe über ihre Anzahl entscheide. Der Luchs spiele zwar auch eine Rolle, aber die sei vergleichsweise gering. „Die geforderten Abschusszahlen können die Jäger der Hegegemeinschaft Lamer Winkel leicht erfüllen“, fügt er hinzu. „Das wird mir immer wieder von Jägern vertraulich mitgeteilt.“

Auf die vielen anderen auf das Reh einwirkenden Faktoren macht Konrad Silberbauer aufmerksam. „Bei den Rehen haben wir so viele Verluste, schon allein die verkehrstoten Rehe oder der Mähtod bei jungen Rehkitzen. Und dann die Beunruhigung durch Freizeitaktivitäten zu Dämmerungs- und Nachtzeiten. Da freut es mich natürlich überhaupt nicht, dass hier auch noch der Luchs jagt und Rehe frisst“, meint Konrad Silberbauer. „Aber ich muss nun mal mit dem Luchs leben.“ In seinem rund 900 Hektar großen Revier bei Arnbruck ist der Luchs regelmäßig zu Besuch, denn es ist bester Luchslebensraum: steile Felsbereiche für Tageslager sowie zahlreiche Grenzlinien durch Verjüngungsflächen, Dickungen undWaldränder, die auch dem Reh guten Lebensraum bieten. Durch die Größe seines Reviers verteile sich der Einfluss des Luchses einigermaßen. „Das ist natürlich bei kleinen Eigenjagden oder auch bei kleinen Gemeinschaftsjagdrevieren anders. Da sitzt alle paar HundertMeter ein Jäger, und jeder will zum Schuss kommen. Der Jagddruck, der dabei aufs Reh erzeugt wird, ist enorm“, weiß er.

Luchs und Reh

Für die dritte und letzte Station des deutsch-tschechischen Erfahrungsaustauschs ging es in das Staatsjagdrevier von Revierleiter Sebastian Hofmann. Sein an der Arberostflanke gelegenes Revier ist Teil des Wohngebiets der Luchsin Hope. „Seit Ende 2013 hält sie sich zwischen Bayerisch-Eisenstein, 3 Zwiesel und Bodenmais auf“, erläutert Markus Schwaiger, Organisator der Exkursion und Mitarbeiter im Luchsprojekt. „Hier entstand eine Lücke, die Hope geschlossen hat.“ Einige Monate zuvor wurde bei Bodenmais eine mit Schrot erschossene, trächtige Luchsin aufgefunden. „Das war die vorherige Territoriumsbesitzerin“, berichtet Schwaiger. Revierleiter Hofmann freut sich über die Luchs in Hope und ihren Nachwuchs, der 2016 und 2017 nachgewiesen werden konnte. Ein Nachweis für 2018 stehe noch aus. „Doch diesen Februar hat mein Hund per Zufall einen jungen Luchs auf einen Baum gescheucht. Das müsste eigentlich ein Junges von ihr gewesen sein“, meint Hofmann. Dass sein Revier guten Luchslebensraum zur Verfügung stellt, darin sind sich Hofmann und Schwaiger einig. „Und auch Rehe hat es genug“, sagt Hofmann. „Mein Abschuss-Soll könnte ich sogar übererfüllen. In bestimmten talwärts gelegenen Waldbereichen jage ich schwerpunktmäßig, um die Tannenverjüngung auf einen guten Weg zu bringen.“ Schließlich seien forstwirtschaftliche Ziele zu erreichen. Hofmann weiß aber auch, dass eine Luchsin ihren Nachwuchs umso besser versorgen kann, je mehr Rehe es gibt. „In den Hochlagen, wo ich waldbaulich kaum Probleme habe, halte ich mich zurück. Was ich an Rehen nicht erlege, kann die Luchsin und ihre Jungen fressen“, betont er.

Wie man den Einfluss des Luchses auf die Rehwildpopulation auf staatlichen und privaten Flächen noch stärker berücksichtigen kann, wird Thema vieler weiterer Gespräche sein. Für die tschechischen Besucher war die Exkursion in drei Reviere mit so unterschiedlichen jagd- und forstwirtschaftlichen Zielsetzungen jedenfalls sehr aufschlussreich, bekräftigte Pavel Bečka, der als Dolmetscher an diesem Tag Höchstleistung vollbrachte.