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Wunderbarer Werkstoff Holz: Schindeln im Allgäu aus Tradition

Fassade aus unbehandelten Fichtenschindeln (Foto: Rainer Ruf).

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22. Februar 2022 Sonthofen – Das Bauen und Verkleiden von Fassaden mit Holz hat im Allgäu eine lange Tradition und erlangt seit einigen Jahren wieder zunehmend an Bedeutung.

„Jeder verbauter Kubikmeter Holz tut unserem Wald und Klima gut, insbesondere wenn es sich um heimisches Holz aus dem Allgäu handelt“ erklärt der Leiter des Forstbetriebs Sonthofen Bayerische Staatsforsten Jann Oetting. „Verbautes Holz dient als Kohlenstoffspeicher und die derzeit gute Nachfrage nach dem Baustoff Holz stärkt die Bewirtschaftung der Allgäuer Wälder.“

Nicht nur das Bauen aus und mit Holz, sondern auch die Fassadengestaltung mit diesem Werkstoff ist im Allgäu häufig anzutreffen. Ob traditionell oder modern, unbehandelt oder behandelt, farbig, längs oder quer, aus Fichte oder Lärche: Mittlerweile sieht man gerade bei neuen Gebäuden allerhand. Eine althergebrachte Methode Fassaden wetterfest zu machen, das Schindeln, wird seit Jahrhunderten in unserer Region praktiziert und erlebt derzeit eine Renaissance.

Werden heute oftmals Schindeln aus Lärchen- oder gar Zedernholz verwendet, kam früher fast ausschließlich heimische Fichte oder auch Weißtanne für die Wetterseite zum Einsatz. Schindeln werden in der Regel gespalten, nicht gesägt und sind über Jahrzehnte haltbar. Deshalb müssen die zum Schindelmachen geeignete Baumstämme besondere Eigenschaften aufweisen: Möglichst astfrei und feinjährig, frei von Reaktionsholz, auch „Buchs“ genannt, nicht drehwüchsig und spaltbar. Gerade die Spaltbarkeit der Stämme ist entscheidend für die Verwendung als Schindelholz und die lässt sich erst nach der Fällung des Baumes feststellen. Der schönste Stamm hilft nichts, wenn er sich nicht spalten lässt.

Die Feinjährigkeit oder auch Feinringigkeit ist wichtig für die Witterungsbeständigkeit und Haltbarkeit der Schindeln. Ein Baum bildet jedes Jahr im Zuge seines Dickenwachstums einen Jahresring aus weichem Frühholz und hartem Spätholz. Die Breite des Frühholzes variiert, die Breite des Spätholzes bleibt gleich. Das bedeutet bei Nadelbäumen, je schmaler der Jahresring, umso härter und beständiger das Holz. Ob ein Baum pro Jahr mehr oder weniger Speck ansetzt, hängt wiederum von einer Reihe von Faktoren ab. Die Witterung in der Wachstumszeit, die Höhenlage, die Bodenbeschaffenheit, der Dichtstand und das Alter der Bäume beeinflussen deren Wachstum.

Ein guter Schindelmacher muss nicht nur das traditionelle Handwerk beherrschen, sondern auch ein Gespür für die Auswahl geeigneter Baumstämme haben. Jann Oetting freut sich, dass es am Forstbetrieb Sonthofen noch Waldarbeiter gibt, die dieses Können und Wissen haben. So wurden die Fichtenschindeln an der Fassade des Forstbetriebsgebäudes in Sonthofen vor einigen Jahren aus eigenem Holz von eigenen Waldarbeitern hergestellt und angebracht.

Auch einer der Sonthofener Revierförster hat sich mit seiner Familie bewusst für unbehandelte Schindeln aus heimischer Fichte für die Verkleidung ihres Holzhauses entschieden. Bei einem Holzeinschlag einer an den Staatswald angrenzenden Genossenschaft konnte er geeignete Schindelbäume kaufen und von einem jungen Schindelmacher aus Bad Oberdorf die Schindeln herstellen lassen. Der auch im Haus wohnende Sohn ist Zimmerer und so war es dem Bauherrn sogar möglich, beim Schindeln selbst mit Hand anzulegen.