Woher der Wind weht
Windenergie aus dem Staatswald
Wie so oft stand am Anfang ein Pionier: Wendelin Einsiedler errichtete 2003 das erste Windrad im bayerischen Staatswald. Seit nunmehr sechs Jahren erzeugt es in der Gemeinde Wilpoldsried umweltfreundlichen Strom. Auf siebzehn Millionen Kilowattstunden summiert sich die eingespeiste Strommenge allein bei dieser Anlage: Windkraft ist unbestritten eine der saubersten Energieformen. Bis heute ist die Anzahl der Windenergieanlagen im Forstbetrieb Ottobeuren auf vier angestiegen. Nun wird auch in anderen Regionen Bayerns nach Möglichkeiten gesucht, Windräder im Staatswald zu bauen.
Planungssicherheit für Projektentwickler
Mit insgesamt 131 sogenannten Standortsicherungsverträgen in ganz Bayern haben die Bayerischen Staatsforsten Partnerfirmen aus dem Bereich Windenergie das Recht eingeräumt, in sogenannten „windhöffigen“ Lagen des Staatswaldes die notwendigen Planungen einzuleiten. Zahlreiche Untersuchungen und Gutachten sind erforderlich bis Klarheit herrscht, ob die Errichtung von Windenergieanlagen in diesen Flächen wirtschaftlich sinnvoll und naturverträglich ist – wenn ja, wird ein Genehmigungsantrag beim zuständigen Landratsamt eingereicht.
Die Nachfrage nach Standorten im Staatswald hat in den letzten Jahren einen regelrechten Boom erlebt. Reinhard Strobl, als Bereichsleiter bei den Bayerischen Staatsforsten zuständig für die regenerativen Energien, sieht mehrere Ursachen für diese Entwicklung:
- Die Nutzung regenerativer Energien ist ein entscheidender Beitrag zur CO²-Einsparung und damit zum Erreichen der nationalen und internationalen Klimaschutzziele.
- Mit den klaren Vorgaben des am 1. Januar 2009 novellierten EEG besteht für potentielle Investoren eine verlässliche Kalkulationsgrundlage.
- Die technische Entwicklung der letzten Jahre hat zu Nabenhöhen von weit über 100 m geführt, erlaubt nun die Nutzung dauerhafter Windströmungen in diesen Höhenlagen und kommt auch sehr gut mit „rauhen“ Oberflächen wie dem Wald zurecht.
- Der Staatswald liegt häufig fernab von Wohnbebauungen – dadurch können mögliche Beeinträchtigungen für Nachbarn durch Lärm- und Schattenwurf vermieden werden.
Kontroverse Diskussionen
Vielfach entstehen nach Bekanntwerden der ersten Planungsschritte vor Ort lebhafte Diskussionen in den kommunalen Gremien und in der Öffentlichkeit, es bilden sich Bürgerinitiativen pro und kontra. Viele, gerade heimatverbundene Menschen sehen vor allem die Schönheit der Landschaft durch die weithin sichtbaren Windenergieanlagen beeinträchtigt und sind deshalb gegen ihre Errichtung, häufig aber auch nach dem Motto „Wir sind für die Nutzung der Windenergie – aber bitte nicht hier bei uns.“
Die Bayerischen Staatsforsten nehmen die berechtigten Bedenken der Bevölkerung sehr ernst. Aus diesem Grund haben sie ihre Partnerfirmen gebeten, zu Beginn der Planungen in einer Region mit dem zuständigen Bürgermeister Verbindung aufzunehmen, ihm das Vorhaben zu erläutern und zu bitten, das Projekt im Gemeinderat vorstellen zu dürfen.
Viele Gemeinderäte setzen sich sehr differenziert und verantwortungsbewusst mit den Vorhaben auseinander, wägen sorgsam das Für und Wider ab: Beeinträchtigung des Landschaftsbildes gegen Beitrag zum Klimaschutz, Erholung im Wald gegen regionale Stromerzeugung, Geräuschkulisse und Schattenwurf gegen Wertschöpfung und Gewerbesteuer in der Gemeinde. Der Betrieb von eigenen gemeindlichen Windenergieanlagen wird ebenso erwogen wie die Beteiligung von örtlichen Stadtwerken oder die Entwicklung von Bürgerwindradmodellen, bei denen die direkte finanzielle Beteiligung der Einwohner an der Investition und den Erträgen der Anlagen möglich wird.
Windräder kontra Tourismus
Mit diesem Argument werden die Bayerischen Staatsforsten und ihre Partnerfirmen häufig konfrontiert – es gibt aber keine Belege dafür. Ganz im Gegenteil: Wissenschaftliche Untersuchungen (siehe Verlinkungen unten) belegen, dass die Mehrheit der deutschen Heimaturlauber Windenergieanlagen nicht als störend empfinden.
„Unsere Herausforderung besteht darin“ – so Reinhard Strobl – „gemeinsam mit unseren Partnerfirmen und den Kommunen vor Ort die Nutzung der Windenergie auch im Staatswald weiterzuentwickeln und das an Standorten, die für Natur, Landschaft und Bevölkerung verträglich sind.
Genehmigungsverfahren ist entscheidend
Wenn sich am Ende aller Vorgespräche, Untersuchungen und Gutachten der Bau von Windenergieanlagen grundsätzlich als sinnvoll und machbar darstellt, muss ein Antrag auf Genehmigung beim zuständigen Landratsamt eingereicht werden. Im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Verfahrens wird dann unter anderem umfassend geprüft, ob durch die Errichtung von Windenergieanlagen schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden – in diesem Fall wird der Antrag abgelehnt. Falls öffentliche Belange nicht schwerwiegend entgegenstehen oder ausgeglichen werden können, wird genehmigt und festgelegt, wie viele Anlagen und an welchem Platz errichtet werden dürfen.
Am Ende steht der Pachtvertrag
Erst wenn die staatliche Genehmigung erteilt wird, schließen die Bayerischen Staatsforsten mit dem Betreiber der Windenergieanlagen einen Pachtvertrag und partizipieren auf diese Weise angemessen an den Erträgen. Mit den zusätzlichen Einnahmen aus diesem Geschäftsfeld können die Bayerischen Staatsforsten ein Stück weit unabhängig werden von ihrem Hauptprodukt, dem Holz, dessen Preis gerade jetzt wieder starken Schwankungen unterliegt.
„Unser Engagement bei den regenerativen Energien ist ein doppelter Beitrag zum Gemeinwohl“, freut sich Reinhard Strobl. „Das Geld, das wir damit verdienen, kommt letztendlich dem bayerischen Steuerzahler ebenso zu Gute wie die saubere Luft und der Klimaschutz, den wir mit diesen Maßnahmen aktiv unterstützen.“
Informationen und Positionen zum Thema
Bundesverband Windenergie
Position der Bundesregierung
BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland
Forsa Studie zur Akzeptanz der Windkraft
Windkraft und Tourismus
Institut für Sozialforschung und Kommunikation
N.I.T. (Forschungsinstitut für Fragen des Tourismus)
Gemeinde Freiamt