Von droben, vom Berge …
Weihnachten ist der pure Stress. Allein die Geschenke: Noch schnell eine Krawatte für Onkel Hans, den Weihnachtstee für die Schwiegermama nicht vergessen und für die Kleinen ein Computerspiel. Mit vollgepackten Tüten, einem dicken Wollschal um den Hals und Schweißperlen auf der Stirn hechelt man anschließend noch schnell zum Christkindlmarkt auf eine festlich fette Bratwurstsemmel und einen feierlich überzuckerten Punsch. Die staade Zeit ist schon ein Genuss für Leib und Seele.
Dass es auch anders geht, zeigen uns die Rothirsche. Sie sind uns um einiges voraus, vielleicht sind sie ganz einfach etwas schlauer als wir. Jedenfalls lassen sie es wesentlich ruhiger angehen. Alles was sie - zumindest außerhalb der Brunftzeit - wollen ist: in Ruhe Fressen. Legt man die Betonung auf Ruhe, wird der Unterschied zu vielen Menschen klar, siehe Weihnachtsmarkt.
Genau hier liegt auch das Problem. Ruhige Fleckchen werden immer seltener. So sind heute unwegsame Bergregionen und große Waldgebiete der Lebensraum der Tiere. Aber selbst im Gebirge ist der Mensch von Frühmorgens bis zum Einbruch der Dunkelheit unterwegs. Kaum glaubt der Rothirsch ein ruhiges Plätzchen für die Siesta gefunden zu haben, schon stiefelt einer mit Wanderschuhen daher – und vorbei ist’s mit der Mittagsruhe. Als Konsequenz haben die eigentlich tagaktiven Tiere – dem Rat von Schlafforschern zum Trotz – ihre Hauptflanierzeit in die Dunkelheit verlegt. Gestresst wirken die Tiere trotzdem nicht – nicht einmal in der Vorweihnachtszeit.
Im Winter kommt zum Problem mangelnder Ruhe noch ein schneebedingter Mangel an Nahrung dazu. Die Rothirsche machen sich daher auf den Weg in flachere Gefilde, typischerweise in die Auwälder wie sie z.B. an der Isar wachsen. Diese für Rotwild typischen Wanderungen über zum Teil viele Kilometer sind jedoch durch die dichte Besiedelung kaum mehr möglich. Um zu verhindern, dass Tiere im Winter verhungern oder durch Verbiss große Schäden an den wichtigen Bergwäldern anrichten, richten die Forstbetriebe der Bayerischen Staatsforsten Wintergatter ein. Einige sind als Schaugatter für die Öffentlichkeit ausgebaut.
Dort kann man sie alle beobachten: Mächtige Alttiere, junge Kälber, erfahrene Hirsche und auch die „Spießer“ genannten, männlichen Junghirsche. Bei einer Schulterhöhe von bis zu 160 cm können Rothirsche etwa 200 Kilogramm schwer werden. Bis zu zwanzig Geweihspitzen verleihen dem „König der Berge“ sein imposantes Aussehen. Zehn Liter Wasser und 15-20 Kilogramm Futter strukturieren den Tagesablauf in drei Schritte: Fressen – Wiederkauen – Ruhen. Von einer übermäßigen Gewichtszunahme ist bei den Rothirschen allerdings nichts bekannt. Vielleicht liegt es am Wiederkäuen, denn Schritt 1 und 3 kann auch bei so manchem Menschen in der staaden Zeit beobachtet werden, dann allerdings meist mit der Konsequenz einiger zusätzlicher Pfunde.
Sollten Sie über die Feiertage (oder in den Wochen danach) noch nichts vorhaben: Besuchen Sie doch eines der Wintergatter in Graswang (Oberammergau), Garmisch-Partenkirchen, am Spitzingsee (Schliersee) und in Vorderriß. Details zur Anreise und zu den Öffnungszeiten finden Sie hier:
Neuauflage Dezember 2010:
<link fileadmin user_upload erlebnis_wald ausflugsziele pdf schaufuetterung_vorderriss_n.pdf _blank download>Wintergatter Vorderriß (Forstbetrieb Bad Tölz)
<link fileadmin user_upload erlebnis_wald ausflugsziele pdf schaufuetterung_spitzingsee_n.pdf _blank download>Wintergatter Spitzingsee (Forstbetrieb Schliersee)
<link fileadmin user_upload erlebnis_wald ausflugsziele pdf schaufuetterung_schattenwald_n.pdf _blank download>Wintergatter Schattenwald (Forstbetrieb Oberammergau)
<link fileadmin user_upload erlebnis_wald ausflugsziele pdf schaufuetterung_almhuette_n.pdf _blank download>Wintergatter Almhütte (Forstbetrieb Oberammergau)
In einem der Gehege überwintert angeblich auch ein Rentier namens Rudolf. Inkognito, versteht sich.
Foto: BS Thurner Hof, LIZENZ