Siebenschläfer ausgewildert
24. November 2019, Rothenkirchen - Die gemischten, laubholzreichen Wälder am Obermain bieten nicht nur den Menschen Heimat und Lebensraum. Sie sind auch Rückzugsort für viele seltene Pflanzen und Tiere. Das Staatswaldrevier Klosterlangheim hat in dieser Hinsicht jetzt noch einmal Zuwachs erhalten: Sechs junge Siebenschläfer wurden im Walddistrikt „Spendweg“ am Anstieg zum Jura ausgewildert und damit – wie der Wald - unter die Obhut der neuen Försterin Veronika Thiel gestellt.
Siebenschläfer gehören zur Familie der nachtaktiven Bilche. Mit ihren Kletterfertigkeiten und ihrer Lebensweise sind sie sozusagen die Nachtausgabe des Eichhörnchens. Anders als bei diesen gehen allerdings geeignete Lebensräume für die Nager überall zurück. Revierleiterin Thiel zögerte deshalb überhaupt nicht, als die Anfrage nach einer geeigneten Heimstatt für die kleinen Bilche kam. Die Siebenschläferpopulation in ihrem Forstrevier ist zwar gesichert: Viel Laubholz in allen Altersstufen mit zahlreichen Baumhöhlen, fruchttragende Bäume und Sträucher mit reichlich Nüssen und Samen im Herbst bilden hier optimale Biotope. „Aber eine gewisse Blutauffrischung kann sicher nicht schaden. Und wir können sicher sein, dass die Voraussetzungen für ein gutes Gelingen der Aktion gegeben sind“, so Veronika Thiel.
Darauf sind die sechs kleinen Siebenschläfer nach den ersten dramatischen Monaten ihres Lebens auch angewiesen: Im Sommer war ihr Nest bei einem Borkenkäfereinschlag in der Nähe von Leipzig unfreiwillig zerstört worden. Vier der sechs Jungtiere wurden dabei schwer verletzt. Ein Waldarbeiter nahm sich ihrer an und vermittelte sie an Carola Hebentanz aus Wickendorf im Frankenwald, die große Erfahrung mit der Rettung und Aufzucht von jungen Wildtieren hat und schon zahlreichen Igeln und Eichhörnchen das Leben retten konnte. Ihr gelang es dann auch wirklich, „in Handarbeit“ alle sechs Jungtiere erfolgreich groß zu ziehen. Ein Wettlauf mit der Zeit: Nur ein gesunder, ausreichend mit Fettvorräten ausgestatteter Siebenschläfer kann den extrem langen Winterschlaf von bis zu sieben Monaten überleben. Und Carola Hebentanz´ Einsatz hat sich gelohnt. Sechs kleine graue Kobolde mit ausreichend Winterspeck standen rechtzeitig zur Auswilderung bereit. Dass einem von ihnen nach der Genesung leider ein Beinchen fehlte, war dann das kleinere Problem. Der heimatliche sächsische Wald kam nach den extremen Borkenkäferschäden nicht mehr in Frage. So erging dann nach Vermittlung und Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörden in Kronach und Lichtenfels die Bitte nach einer neuen Heimat an den Forstbetrieb Rothenkirchen der Bayerischen Staatsforsten.
Forstrevierleiterin Veronika Thiel hofft, dass damit die kurze Odyssee der kleinen Bilche ein gutes Ende gefunden hat. Denn sie hat ihnen einen ganz besonderen Platz in ihrem Revier ausgesucht: „Genau hier sind viele ideale Strukturen miteinander vernetzt. Alte, höhlenreiche Laubbäume, ein gestufter, artenreicher Waldrand und die Streuobstwiese, die mein Vorgänger Gerd Barnickel angelegt hat.“ Carola Hebentanz und Veronika Thiel haben den Abschied gut vorbereitet: Speziell angebrachte Nistkästen dienen als erste Unterkünfte, Äpfel und Maiskolben als Leckerbissen für den Übergang zur Selbständigkeit. Dann wartet die neue Heimat. Beide Frauen sind sich sicher, dass die Siebenschläfer ihren ganz persönlichen „Zukunftswald“ in Klosterlangheim gefunden haben.