Seltene Schmetterlinge fliegen im Roggenburger Forst
20. Juni 2022, Weißenhorn – Der Flug des Gelbringfalters ist charakteristisch: Der auf den ersten Blick unscheinbare Schmetterling „zackelt“ entlang von breiten, grasreichen Waldsäumen in Bodennähe und in Sträuchern umher. Erst aus der Nähe zeigt der Falter seine namensgebenden gelben Ringe auf den Unterseiten der Flügel, die von weißen Bändern umgeben sind.
So unscheinbar der Gelbringfalter wirken mag, so rar und selten ist er. Für Fachleute ist der Gelbringfalter ein absolutes Highlight, deutschlandweit gibt es ihn nur noch in Bayern und Baden-Württemberg, und das nur an einigen wenigen Standorten. Die Rote Liste weist den Gelbringfalter als „stark gefährdet“ aus, die FFH-Richtlinie führt ihn im Anhang IV, was einen strengen europäischen Schutzstatus bedeutet: Kein ganz gewöhnlicher Schmetterling.
Daher war die Freude bei den verantwortlichen Förstern des Forstbetriebs Weißenhorn der Bayerischen Staatsforsten und bei den Fachleuten der Höheren Naturschutzbehörde an der Regierung von Schwaben groß: Bei einem gemeinsamen Begang der Experten im Staatswald waren zahlreiche, vitale Exemplare des raren Schmetterlings zu beobachten. Im großen Staatswald-Gebiet „Roggenburger Forst“ im östlichen Landkreis Neu-Ulm fühlt sich die Falter-Rarität offensichtlich sehr wohl: „Ich hatte angesichts der Seltenheit der Art nicht mit so vielen Sichtungen bei unserem heutigen Begang gerechnet, das ist wirklich toll. Aber natürlich machen wir einiges für den Gelbringfalter bei unserer Waldarbeit: Wir schaffen breite, besonnte und krautreiche Waldinnenränder, die der Schmetterling bestens annimmt, wie man sieht“, freut sich der verantwortliche Leiter des Forstbetriebs Weißenhorn, Martin Eggert.
Eine systematische Kartierung der Schmetterlinge, die in diesem Gebiet vor einigen Jahren schon einmal erfolgte und seinerzeit ein stabiles Vorkommen aufzeigte, ist derzeit wieder in Vorbereitung. Die von der Höheren Naturschutzbehörde an der Regierung von Schwaben finanzierte Kartierung wird der Sachverständige Dr. Matthias Dolek durchführen, der ein renommierter Schmetterlingskenner ist: „Bei den Aufnahmen schaue ich mir mehr als 50 Waldorte in diesem Gebiet ganz genau an und erfasse die vorkommenden Schmetterlingsarten. Das Wetter muss dafür stimmen, warm, sonnig und nicht zu windig. Jetzt, Mitte Juni ist es optimal.“ Dann seien die Gelbringfalter-Männchen sehr aktiv, da sie auf der Suche nach den etwas später schlüpfenden Weibchen sind. Laut dem Experten profitiert der Gelbringfalter im Roggenburger Forst von den lichten, breiten Waldinnensäumen und dem Graswuchs auf den besonderen, schwer durchwurzelbaren Waldstandorten. Diese Mixtur sagt dem Falter zu; er braucht die grasigen Bereiche, in die er seine Eier ablegt. Die Weibchen setzen sich dazu kurz hin und lassen die Eier einfach fallen. „Ganz entscheidend für eine gute Entwicklung der Eier ist die Feuchtigkeit im Graswuchs auf dem Waldboden: Bleibt das Ei oben im Gras hängen, an einer direkt besonnten Stelle, dann stirbt es in weniger als einer halben Stunde ab. Aber hier passt offensichtlich vieles gut zusammen, wie uns die zahlreichen Gelbringfalter zeigen.“, zeigt sich der Schmetterlingskenner zufrieden.
Forstbetriebsleiter Eggert will auch zukünftig den Wald schmetterlingsfreundlich gestalten: „Auch wenn man den Eindruck haben kann, dass der Wald immer gleich aussieht: Tatsächlich verändert er sich sehr dynamisch und wächst schnell. Wir müssen deswegen aufpassen, dass die Waldinnenränder nicht zuwachsen, was dem Gelbringfalter sehr schaden würde. Entlang der Wege und Schneisen fördern wir gezielt Säume und Graswuchs, dafür muss dann auch der ein oder andere Baum weichen. Auch Sträucher müssen mit Mulchgeräten regelmäßig zurückgestutzt werden, was aufwändig ist. Zum Glück fördert der Freistaat Bayern über die Bayerische Forstverwaltung diese wichtigen Pflegemaßnahmen, so dass wir sie auch gut umsetzen können“.
Es schaut also gut aus für den raren Gelbringfalter in den Staatswäldern des östlichen Landkreises Neu-Ulm. Nun gilt es, die Ergebnisse der systematischen Bestandserfassungen im Roggenburger Staatswald abzuwarten. Die Experten sind sich einig – man darf optimistisch in die Zukunft schauen.