Headerimage

Liebesblinde Rehe auf der Straße

Die Wildwarnschilder sind wieder aufgeklappt – hoffentlich gibt es dieses Jahr weniger Wildunfälle (Foto: Arno Bletzinger, BaySF)

Download

10.07.2019, Kempten - Bei den Rehen hat jetzt im Juli wieder die Paarungszeit begonnen. Leider führt das jedes Jahr zu vielen Wildunfällen. Für die Fortpflanzung nehmen die eigentlich sehr territorial lebenden Rehe vermehrt Wanderungen auf sich, um geeignete Fortpflanzungspartner zu finden. „Rehe können dabei genauso liebesblind werden wie die meisten anderen Lebewesen und wir Menschen auch“, stellt Arno Bletzinger fest. Er ist Berufsjäger bei den Bayerischen Staatsforsten in der Kürnach. 

Ohne jede Vorsicht werden jetzt zu jeder Tages- und Nachtzeit die Straßen überquert. Jährlich kommen auf Deutschlands Straßen etwa 200.000 Rehe zu Schaden oder zu Tode. Auch die beteiligten Menschen sind gefährdet: Jedes Jahr werden in Deutschland bis zu 3.000 Menschen bei Wildunfällen verletzt, 500 bis 1.000 davon schwer. Es gibt sogar 10 bis 20 Todesfälle. Entscheidend für den Schaden an Mensch und Auto ist dabei die Geschwindigkeit des Fahrzeugs. Einerseits ist der Reaktions- und Bremsweg bei hoher Geschwindigkeit sehr lang, andererseits ist die Aufprallwucht des Wildkörpers auf das Auto sehr viel höher. Berufsjäger Arno Bletzinger: „Wenn ein Autofahrer bei Tempo 100 bis zum Zusammenstoß noch bis auf 60 km/h runterbremsen kann, beträgt das Aufprallgewicht eines Rehs immer noch fast eine Tonne, bei einem Wildschwein 3,5 Tonnen und bei einem Hirsch sogar fünf Tonnen! Der hochläufige Hirsch trifft dann auch noch eher die Windschutzscheibe als die Stoßstange…“ Schon bei einer Fahrgeschwindigkeit von 80 km/h reduzieren sich Reaktions- und Bremsweg auf 55 Meter. Da braucht es Glück und Geistesgegenwärtigkeit, um nur mit dem Schrecken davonkommen. Jann Oetting, Staatsforsten-Chef in Sonthofen berichtet: „Mit den privaten Jägerinnen und Jägern arbeiten wir gut und eng zusammen: Denn uns allen liegt daran, Wildunfälle und Leid zu vermeiden, beim Mensch und beim Wild. Die Jäger engagieren sich sehr, bringen auch Wildwarnreflektoren an die Leitpfosten an oder versuchen mit anderen Maßnahmen Wildunfälle zu vermeiden.“ 

Besonders gefährdete Straßenabschnitte werden durch das Verkehrszeichen „Wildwechsel“ gekennzeichnet. Im Allgäu ist das stark befahrene Sträßchen durch das bewaldete Kürnachtal der Bayerischen Staatsforsten zwischen Kempten und Leutkirch Ort zahlreicher Wildunfälle. Nochmal Staatsforsten-Berufsjäger Bletzinger: „Leider lassen sich die wenigsten Autofahrer vom offiziellen Wildwechsel-Verkehrszeichen beeindrucken. Deshalb weisen wir zu den besonders gefährlichen Jahreszeiten mit besonders großen Schildern auf die Gefahr hin – und jetzt ist es wieder soweit!“ und Forstbetriebsleiter Jann Oetting ergänzt: „Wir haben mit der Polizei in Kempten vor einigen Jahren die großen Schilder abgesprochen und aufgestellt. Sie werden immer aufgeklappt, wenn die Reh-Hochzeit ansteht. In der Hoffnung, dass weniger passiert!“