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Lebensraum Wald

2010 ist das Jahr der Biodiversität

Der Wald ist mehr als die Summe seiner Bäume. Viel mehr. Schaut man genau hin, sieht man es überall kreuchen und fleuchen, man hört es knistern und knacken. Doch selbst mit offenen Sinnen erfasst man nur einen kleinen Teil dessen, was tatsächlich alles lebt und gedeiht im Unterholz: Farne und  Flechten, Moose und Moore: die Vielfalt der Lebensräume und Lebewesen unter den Kronen der Bäume ist schier unendlich. Der Schutz dieser Vielfalt ist eine der wichtigsten Aufgaben der Menschheit. Das Jahr 2010 ist dem Schutz der Biodiversität gewidmet, einer Aufgabe, bei der auch die Forstwirtschaft gefordert ist. Denn bis zu 14.000 verschiedene Tierarten und bis zu 6.000 Pflanzenarten leben allein in den bayerischen Wäldern.

Das „Übereinkommen über die Biologische Vielfalt“ (Convention on Biological Biodiversity, CBD) aus dem Jahr 1993, zeugt vom Bewusstsein über den unschätzbaren Wert dieser Vielfalt. In diesem Abkommen, das rund 200 Staaten unterschrieben haben, sind drei übergeordnete Ziele genannt.

1. Erhalt der biologischen Vielfalt

2. Nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt und ihrer Bestandteile

3. Gerechte Aufteilung der Vorteile aus der Nutzung genetischer Ressourcen

Die Formel, die diese drei Ziele vereint, heißt „Schützen und Nutzen“. Im forstlichen Alltag sprechen die Förster der Bayerischen Staatsforsten auch von naturnaher Forstwirtschaft. Das Entscheidende ist also, die Wälder einerseits als Holz- und Energielieferant zu nutzen und andererseits den Artenreichtum zu erhalten und zu fördern. Um das zu gewährleisten, ist die Bewirtschaftung der Wälder strengen Regeln unterworfen. Das Waldgesetz für Bayern ist eines der strengsten weltweit. Darüber hinaus ist der bayerische Staatswald nach den Kriterien des unabhängigen Prüfsystems PEFC zertifiziert.

Der von der bayerischen Forstwirtschaft verfolgte integrative Ansatz ist Vorbild für zahlreiche andere Länder. Seit Jahrzehnten ist die naturnahe Forstwirtschaft Garant für Biodiversität. Seit über dreißig Jahren nimmt die Waldfläche in Bayern zu. Der Anteil der Laub- und Mischwälder und damit die Vielfalt im Wald nimmt ebenfalls seit Jahrzehnten zu. Jeder zweite Baum unter zwanzig Jahren ist ein Laubbaum. Über sechzig unterschiedliche Baumarten sind in den bayerischen Wäldern heimisch, darunter auch sehr seltene Arten wie Speierling, Elsbeere und Moorbirke.

In ihrem Naturschutzkonzept bekennen sich die Bayerischen Staatsforsten zur Sicherung und Verbesserung der biologischen Vielfalt der Waldökosysteme. Vor allem der Schutz der alten Wälder sowie das Totholz- und Biotopbaummanagement  nimmt eine wichtige Rolle ein. Die bayerischen Wälder mit ihrer netzartigen Verteilung sind im Grunde ein idealer Biotopverbund. Strukturreiche und gemischte Wälder sind Trittsteine für selten Arten in Mitteleuropa. Das Totholz- und Biotopbaumkonzept trägt wesentlich dazu bei, den Artenreichtum im Staatswald zu fördern. 

Vielfalt im Wald ist aber nicht nur die Vielfalt der Arten, sondern auch die Vielfalt der Nutzungsmöglichkeiten. Der Wald ist Rohstoff- und Energiequelle, Arbeitsplatz und Einkommensmöglichkeit, Erholungsraum und grüne Lunge. Er erfüllt wichtige Schutzfunktionen vor allem in den Bergen und er filtert unser Trinkwasser. Die naturnahe Forstwirtschaft berücksichtigt all diese Funktionen, sie hält die unterschiedlichen Ansprüche an unsere Wälder im Gleichgewicht. Seit mehr als 30 Jahren nutzt und schützt die naturnahe Forstwirtschaft den Wald auf großer Fläche in dieser Multifunktionalität. Großflächige Stilllegungen und Nutzungsverzicht sind daher kontraproduktiv und stehen einer umfassenden nachhaltigen Nutzung der Wälder entgegen.

Gerade die sorgsame und nachhaltige Bewirtschaftung der bayerischen Wälder leistet einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt. Durch die einzelstammweise Nutzung (einzelne Stämme werden entnommen, in jedem Walddistrikt sind Bäume aller Altersklassen vorhanden) entsteht ein Waldinnenklima, das der Vielfalt der Arten zuträglich ist. Ergänzt durch zahlreiche Waldschutzprojekte und bestandsschützende Maßnahmen ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die Vielfalt an Lebensgemeinschaften, Arten und genetischen Ressourcen in unseren Wäldern zu sichern. In zahlreichen Kooperationen mit dem Landesbund für Vogelschutz, dem Bund Naturschutz, dem Deutschen Alpenverein und vielen Anderen konnten gute Erfolge erzielt werden. So wurde in der nördlichen Oberpfalz durch die Installation von Nisthilfen die Wiederansiedlung des Fischadlers gefördert. In den letzten Jahren haben sich nicht nur vier Brutpaare dort niedergelassen. Auch einige Jungvögel kehren jährlich nach dem Winter in das Gebiet zurück. Eine Vielzahl von Projekten hatte den Rückbau von Quellfassungen zum Ziel. Die Renaturierung dieser wichtigen Lebensräume zeigt ebenfalls gute Erfolge: die Rückkehr von Bachflohkrebs, Quellköcherfliege, Alpenstrudelwurm, Starknervmoos und Feuersalamander (um nur einige zu nennen) zeugen von gelungen Projekten zum Wohle der betroffenen Waldgebiete und der Artenvielfalt.