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Hoch hinaus für den Schutz der Wälder

Hubertus Schmidt, Revierleiter beim Forstbetrieb Fichtelberg, zeigt Mistelbefall an einem Tannenzweig. Foto: Martin Hertel, BaySF

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Baumkletterer Janis Schemm auf dem Weg in die Tannenkrone, die er von Mistelbefall befreien soll. Foto: Martin Hertel/BaySF

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Janis Schemm und im Hintergrund Alois Krockauer, beides Forstwirte bei den Bayerischen Staatsforsten, entfernen Misteln aus der Baumkrone einer Tanne. Foto: Martin Hertel/BaySF

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24. April 2025, Bad Berneck – Oberhalb von Röhrenhof sind viele Tannen von Misteln befallen. Baumsteiger des Forstbetriebs Fichtelberg klettern jetzt in die Baumkronen, um die Misteln wenigstens teilweise zu beseitigen und die weitere Ausbreitung zu bremsen.

Frühmorgens liegt noch Nebel über dem Maintal östlich von Bad Berneck. Es riecht nach Wald und Harz. Über den Baumwipfeln kreist ein Greifvogel. Mitten in dieser malerischen Kulisse klirren Kletterhaken. Hier läuft gerade eine Aktion, die für das ungeübte Auge kaum sichtbar ist, aber große Bedeutung für den Wald hat: zwei Forstwirte mit Kletterausrüstung steigen in die Kronen alter Tannen, um dort die Mistel zu bekämpfen – ein unscheinbares, aber äußerst hartnäckiges Gewächs.

„Die Mistel breitet sich hier in den letzten Jahren massiv aus“, sagt Hubertus Schmidt, der zuständige Revierleiter. „Bekannt war bisher der Mistelbefall in der Region von der sog. Fränkischen Linie, dem Anstieg des Frankenwalds bei Stadtsteinach. Aber jetzt hat er auch das Fichtelgebirge erreicht.“ Schmidt steht am Fuße einer etwa 30 Meter hohen Tanne und blickt nach oben, wo sich Alois Krockauer und Janis Schemm, beide ausgebildete Forstwirte und erfahrene Baumsteiger, mit Seiltechnik durch das Geäst arbeiten. Mit gezielten Schnitten entfernen sie befallene Zweige, auf denen sich die weißbeerige Mistel festgesetzt hat. 

Die Mistel ist kein Parasit im klassischen Sinne, sondern ein sogenannter Halbschmarotzer: Sie betreibt zwar selbst Photosynthese, zapft aber gleichzeitig über spezielle Saugwurzeln die Wasserleitungsbahnen ihrer Wirtsbäume an. Das schwächt die Bäume enorm – besonders, wenn sie wie viele Altbäume in Zeiten von Trockenstress und Klimawandel ohnehin geschwächt sind. „Ein gesunder Baum kann junge Misteln oft noch überwachsen, also einfach mit neuem Gewebe zudecken“, erklärt Schmidt. „Aber vorgeschädigte Bäume schaffen das nicht mehr. Die Misteln nehmen überhand, und der Baum stirbt langsam ab.“

Wie dramatisch die Folgen sein können, zeigt sich unmittelbar benachbart: Dort ragen die Gerippe abgestorbener Bäume in den Himmel – stumme Zeugen eines schleichenden Waldsterbens.

„Es ist harte Arbeit“, sagt Janis Schemm, nachdem er von seinem Ausflug in die Baumkrone wieder zurück auf dem Boden ist. „Aber wenn wir nichts tun, verlieren wir wertvolle Tannen, die noch Samen für die nächste Waldgeneration abwerfen sollen. Und gerade die Baumart Tanne gewinnt in Zeiten des Klimawandels große Bedeutung, wenn die Fichte wegen Wassermangel und zu hohen Temperaturen ausfällt.“

Die weißen, klebrigen Beeren der Mistel sind bei Vögeln äußerst beliebt – und genau darin liegt ihre Strategie: Über ihren Kot verbreiten die Vögel die Samen von Baum zu Baum. Was aus Sicht der Mistel genial ist, stellt Förster und Waldbesitzer vor eine Herausforderung. Diese Ausbreitung soll die Maßnahme jetzt zumindest etwas bremsen.

Die Aktion bei Bad Berneck ist Teil des langfristigen Konzepts zum Umbau der Wälder: Statt zu fällen, wird hier gezielt erhalten – mit Handarbeit, Know-how und viel Herzblut für den Wald. Für Revierleiter Hubertus Schmidt ist das ein Zeichen verantwortungsbewusster Forstwirtschaft: „Jeder Baum, den wir retten, ist ein Gewinn – für das Ökosystem, für das Klima und für kommende Generationen.“