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Forstwirtschaft und Artenvielfalt im Roggenburger Forst

Lebensraum für den Schwarzspecht: Das Beispiel Roggenburger Forst zeigt anschaulich, dass die besondere Strukturvielfalt mittlerweile zu einer außergewöhnlich hohen Artenvielfalt geführt habe. Bildnachweis: www.naturfoto-ahofmann.de

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Durch Waldumbau hin zu mehr Artenvielfalt

Regensburg, 10. Juli 2015 - Der Roggenburger Forst mit einer Größe von rund 4.000 ha im östlichen Landkreis Neu-Ulm ist ein für Schwaben herausragendes Waldgebiet. Nach mehreren verheerenden Stürmen haben Förster in den vergangenen gut zwanzig Jahren begonnen, die vorherrschenden Fichten mit stabileren Laubbäumen und Tannen zu mischen. Auf der Naturschutztagung der Bayerischen Staatsforsten haben Spezialisten nun anschaulich gezeigt, dass sich der eingeschlagene Weg, Nutzen und Schützen zu vereinen, zum Vorteil der Natur bewährt.

Stürmische Zeiten hat der Roggenburger Forst hinter sich. Mehrmals wurde der Wald von heftigen Stürmen heimgesucht, die immer wieder starke Windwürfe zur Folge hatten. Mit ein Grund waren die bis in die 1990er Jahre dominierenden flachwurzelnden und damit instabilen Fichtenbestände. Seitdem hat ein markanter Wechsel hin zu mehr Naturnähe, Strukturreichtum und Artenvielfalt stattgefunden. „Seit etwas zwanzig Jahren bauen wir die Wälder um", so der Leiter des Forstbetriebs Weißenhorn, Volker Fiedler. „Dabei pflanzen wir Baumarten wie Tanne, Buche und Eiche, aber auch andere Laubbaumarten, damit so möglichst strukturreiche Mischwälder entstehen". Diese sind nicht nur widerstandsfähiger gegen Stürme, sie sind darüber hinaus auch naturschutzfachlich bedeutende Lebensräume. Strukturreiche Waldinnensäume, zahlreiche Waldtümpel, renaturierte Waldbäche sowie Sukzessions- und Wildobstflächen vernetzen diese Lebensräume. Besonders wertvoll sind zudem die eingestreuten älteren naturnahen Waldbestände mit Buche und Eiche, die alle Stürme überstanden haben.

Auf Initiative des Forstbetriebs Weißenhorn und der höheren Naturschutzbehörde an der Regierung von Schwaben wurde deshalb ein modellhaftes BayernNetzNatur- und Biodiversitäts-Projekt zur Sicherung, Erhaltung und Weiterentwicklung der biologischen Vielfalt in diesem außergewöhnlichen Waldgebiet begonnen. Grund genug für die Bayerischen Staatsforsten, den südöstlich von Ulm gelegenen Roggenburger Forst zum Hauptthema des fünften Naturschutztags zu machen.

Das Treffen im Kloster Roggenburg lieferte einige interessante Einblicke in die Naturschutzarbeit der Bayerischen Staatsforsten. Vorstand Reinhardt Neft beschrieb in seinem Vortrag, wieweit der Naturschutz in die tagtägliche Arbeit der Förster und Waldarbeiter integriert ist. Das unternehmensweite Naturschutzkonzept der Bayerischen Staatsforsten definiert hierfür einen Rahmen, der in den einzelnen Forstbetrieben durch regionale Naturschutzkonzepte passend für die Gegebenheit vor Ort ausgefüllt wird. „Auf diese Weise können wir den jeweiligen Gegebenheiten optimal gerecht werden und dem Waldnaturschutz größtmöglichen Raum innerhalb der integrativen, naturnahen Forstwirtschaft einräumen", so Neft. Das Beispiel Roggenburger Forst zeige anschaulich, dass die besondere Strukturvielfalt mittlerweile zu einer außergewöhnlich hohen Artenvielfalt geführt habe: Über tausend Pflanzen- und Tierarten wurden bisher nachgewiesen, von denen 174 deutschland- und/oder bayernweit gefährdet sind. Vor allem die Vorkommen von Bechstein- und Mopsfledermaus zeigen, dass sich die geänderte Waldbewirtschaftung positiv auswirkt. Mit 81 nachgewiesenen Brutvogelarten kann der Wald außerdem ornithologisch als äußerst artenreich eingestuft werden. Ein Highlight ist die für Schwaben bedeutende Population des stark gefährdeten Gelbringfalters. Hinzu kommen zahlreiche weitere Schmetterlingsarten und eine artenreiche Libellen- und Amphibienfauna.