Es fliegt was in der Luft.
Kleine Vogelkunde: der cholesterinbewusste Gourmet.
Pandion haliaetus – so heißt ein ganz besonderer Fischliebhaber unter den Greifvögeln. Dieser kulinarischen Leidenschaft verdankt er auch seinen deutschen Namen: Fischadler. In deutschen Gewässern geht er heute jedoch nur noch selten speisen, denn Anfang des 20. Jahrhunderts sah man in ihm einen Konkurrenten am Fischmarkt und vertrieb ihn allerorts. In den 50er Jahren schrumpfte die Fischadlerpopulation weiter. Pestizide wie DDT beseitigten nicht nur lästiges Ungeziefer, sondern auch cholesterinbewusste Gourmets.
Physiognomie
Der Fischadler erreicht ein stolzes Köpergewicht von 1,3 bis 2 kg. Mit einer Körperlänge von bis zu 58 cm und einer Flügelspanne von 145-170 cm beherrscht er die Lüfte. Dabei glänzt er in einem schwarzen Obergefieder mit vereinzelten grauen, weißen und braunen Federn. Mit jedem Flügelschlag enthüllt er die Unterseite seiner Schwingen und zum Vorschein kommt ein komplett weißes Gefieder. Leicht abgestuft dazu schimmern Oberkopf, Nacken sowie Kehl-, Brust und Bauchbereich dezent cremefarben. Seine weiß gefiederten Beine schauen wie Hosen hervor, die mit blaugrauen Zehen und langen, gebogenen Krallen abschließen. Diese Krallen erleichtern ihm die Fischjagd, denn eine davon kann er komplett drehen. Damit fängt er seine Beute, tötet sie in der Luft und trägt sie davon.
Ernährung
Auf dem Speiseplan steht Fisch – jeden Tag. Kleine bis mittelgroße See- und Süßwasserfische sind sein Leibgericht. Dabei verlässt er sich ganz auf sein Adlerauge. Schon auf eine Distanz von 30 Metern entdeckt der Fischadler seine Beute und stürzt senkrecht darauf los. Zuweilen taucht er dabei völlig ins Wasser ein, um sein Menü herauszufischen. Parallel zum Körper trägt er den Fisch und fliegt damit zu seinem Nest oder in dessen unmittelbare Nähe. Dort wird die Beute sofort von Kopf bis Schwanz verschlungen. Ist eine Mahlzeit zu üppig, wirft der Fischadler den Rest einfach zu Boden.
Fortpflanzung
Hoch oben in alten Bäumen oder an Felsspalten lässt sich der Fischadler mit seinem Weibchen nieder. Gemeinsam bauen sie sich ein Nest aus Ästen und Reisig, einen sogenannten Horst, den sie mehrere Jahre bewohnen und immer wieder restaurieren. Besonders von März bis Mai herrscht dort äußerste Ruhe, denn das monogame Pärchen brütet abwechseln über den Eiern. Nach 35 bis 42 Tagen schlüpfen 2-3 Jungvögel versetzt in zeitlichem Abstand. Dadurch ist der Älteste bei der Nahrungsaufnahme klar im Vorteil.
Die kleinen tapsigen Adler sind anfangs in weißem Flaum eingehüllt und entwickeln bereits im Alter von 10 Tagen ihr erstes Gefieder. Nach ca. 60 Tagen sind sie flugfähig und nach 10 bis 15 Wochen vollkommen selbstständig. Sie verlassen das Elternhaus und gründen ihre eigene Familie. Im Vergleich zu dieser schnellen Entwicklung wartet ein langes Leben auf die Adler. Sie können bis zu 25 Jahre alt werden.
Der Fischadler in den Bayerischen Staatsforsten
Seit nunmehr 30 Jahren kann sich der Fischadler auch in Deutschland wieder erholen und ist hier vereinzelt anzutreffen. Erfreulicherweise auch in den Bayerischen Staatsforsten. Bevorzugt lebt der Greifvogel in lichten Kiefern-Altholzresten größerer geschlossener Waldgebiete. Ein Fischgewässer in seinem Umfeld ist wichtig, denn er fliegt ungern weiter als 3 Kilometer für seine Nahrung. Das klingt ganz nach der typischen Oberpfälzer Landschaft. Und deshalb haben die Förster Mitte der 90er Jahre an drei vermeintlichen Idealstandorten dem Fischadler Nistchancen geschaffen. In Eschenbach, Hessenreuther Wald und Manteler Wald wurden Altholzreste aufgelichtet, künstliche Nisthilfen angebracht und trockene, abgestorbene Altbäume belassen. Und diese Bemühungen haben gefruchtet. Im Jahre 2000 wurde ein Horst am Großen Russweiher im Stadtwald Eschenbach bezogen. 2007 nistete sich ein junges Paar im Hessenreuther Wald ein und 2008 meldete auch der Manteler Wald zwei neue Bewohner. Außerdem lebt ein Brutpaar bereits seit einigen Jahren auf dem Truppenübungsplatz in Grafenwöhr. Der Fischadlerexperte Dr. Daniel Schmidt vom Max-Planck-Institut berichtet stolz, dass in diesem Jahr sieben Jungadler in der Oberpfalz beringt wurden. Somit kann man auch künftig den Fischadler vermehrt in Bayerischen Wäldern fliegen, fischen und fressen sehen.
von Kerstin Weidmann