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Die Natur ruht sich aus

01.02.2022, Sonthofen – „Wenn Schnee im Allgäu fällt, legt sich eine ganz eigene Ruhe und Schönheit über die Landschaft. Gerade bei frischem Schneefall ist dies besonders intensiv zu spüren. Keine Bewegung ist zu sehen, nichts zu hören, alles versinkt unter einer dicken, weißen und sehr beruhigenden Schneewatte“, freut sich Berufsjäger Arno Bletzinger von den Bayerischen Staatsforsten. Die Fortbewegung im tiefen Schnee wird beschwerlich, für die Tiere wie für den Menschen. Es kommt zu einer starken Entschleunigung des Lebens.

Die sonst so umtriebigen Vögel sitzen in aller Ruhe zu putzigen kleinen, aber dicken Bällchen aufgeplustert in den eingeschneiten Ästen. Von der anderen Tierwelt ist wenig zu sehen. Mit Glück vielleicht ein Hase oder Reh in ihrem ebenso dick aufgeplusterten Winterfell. Auch sie bewegen sich so wenig wie möglich. Deshalb sind meist nur vereinzelte, geheimnisvolle Spuren im Schnee zu finden.

Sonthofens Staatsforsten-Chef Jann Oetting ergänzt seinen Berufsjäger: „Diese winterliche Ruhe bietet dem stressgeplagten, modernen Menschen eine starke Entschleunigung und intensive Erholung und an Sonnentagen auch viel Licht in der dunklen Jahreszeit. Viele Menschen zieht es im Winter hinaus ins Freie, in die Landschaft. Gerne kommen jetzt Skier oder Schneeschuhe zum Einsatz und es reizt, auf den verschneiten, unberührten Flächen seine Spur zu ziehen. Aber Vorsicht: Sie sind nicht allein!“ Die Versuchung, ausgezeichnete Wege und Pfade zu verlassen, ist im Winter besonders groß.

Leider ist die Störung der Natur beim Verlassen der Wege im Winter aber auch besonders gravierend. Denn die Natur überwintert in einem komplexen Gleichgewicht, das zu dieser Jahreszeit besonders sensibel und störungsanfällig ist. Berufsjäger Arno Bletzinger weiß: „Die meisten Tier- und Pflanzenarten haben im Winter in einen allumfassenden, tiefgreifenden Ruhemodus geschaltet. Dieser Ruhemodus, der die Natur für uns Menschen attraktiv machen kann, ist für die Natur jedoch ein blanker Überlebensmodus. Nicht nur das pflanzliche Leben ist auf ein Minimum reduziert. Auch die wenigen noch sichtbaren und vielen unsichtbaren Tiere sind für ihr Überleben darauf angewiesen, Ruhe zu halten und möglichst wenig Energie zu verbrauchen, um mit dem stark eingeschränkten Nahrungsangebot überwintern zu können. Deshalb ist es gerade im Winter besonders wichtig, dass der Mensch seine ausgetretenen Wege und Pfade nicht verlässt. Denn die Tiere kennen die üblichen Wege der Menschen und können sich so an sie gewöhnen.“ Worauf sie sich nicht einstellen können, sind ungewohnte Bewegungsmuster: Plötzliches, unerwartetes Auftauchen des Menschen in den winterlichen Rückzugsgebieten, abseits der üblichen Wege.

Nochmal Forstbetriebsleiter Jann Oetting: „Deshalb haben wir Menschen auch in unserer Freizeit und mit der durch Schneeschuhe oder Tourenski gewonnenen Bewegungsfreiheit eine große Verantwortung. Nicht nur unsere Mitmenschen, sondern auch die Tiere und Pflanzen freuen sich über tief verschneite, unverspurte und unberührte Naturlandschaften.“