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Die Gerade Fünf

Wir gestehen offen, dass wir jene Online-Enzyklopädie, die mit „Wiki“ anfängt und „pedia“ aufhört, gelegentlich zu Rate ziehen. Dort haben wir auch Aryabhata I. gefunden, einen bedeutenden indischen Mathematiker, der die reelle Null vor rund 1 500 Jahren mathematisch verwendungsfähig zubereitet hat. Seitdem hat die Null die Fähigkeit, jede andere Zahl, hinter der sie auftaucht, zu verzehnfachen.  Zu verhundertfachen. Zu vertausendfachen. Und so weiter – bis man, zum Beispiel, die Verschuldung europäischer Staaten in etwa gefasst hat.

Das Dezimalsystem hat aber noch eine andere, wenig gewürdigte kulturgeschichtliche Funktion. Es ermöglicht uns nämlich die Jubiläen, die wir so gerne feiern. Das Hundertjährige, mit der Eins und den zwei Nullen (!) im Lorbeerkranz, hat dabei das größte Renommé. Das Zehnjährige gilt als Minimum, es ist der Youngster unter den Jubiläen. Wir fragen uns nun aus gegebenem Anlass, ob denn die Hälfte von Zehn nicht auch noch ein klitzekleines Jubiläumchen hergeben könnte? Nur mal als Beispiel: Pralle fünf Jahre sind es her, seit die Bayerischen Staatsforsten im Jahre 2005 als Anstalt öffentlichen Rechts gegründet wurden. 70 000 000 Euro wurden im letzten halben Jahrzehnt für Kulturen in den Wald reinvestiert. Knapp 100 000 000 Euro wurden in Pflege und Unterhalt der bestehenden Waldwege gesteckt. Und darüber hinaus wurden in den ersten vier Geschäftsjahren 122 000 000 Euro an den Eigentümer Freistaat Bayern ausgeschüttet.

Neben diesen und anderen erfreulichen Nullen, gab es – wie im Leben – auch höchst unangenehme Nullinger. Allen voran ein gewisser „Kyrill“, der Anfang 2007 die Backen voll nahm und in Bayern 4 000 000 Kubikmeter Sturmholz hinterlies. Was wiederum die Holzpreise aus luftigen Höhen in schwindelnde Tiefen stürzte. Eine umso stabilere Belegschaft lässt sich in ihrer erfolgreichen Arbeit nicht beirren. Sie hält am Prinzip des naturnahen Waldbaus fest und nutzt dazu konsequent die natürliche Regeneration. Das Stichwort „Naturverjüngung“ steht für einen stabileren, resistenteren Wald der Zukunft. Beim Flechten unseres fünfjährigen Lorbeerkranzes fällt unser Blick dann auf die Anzeige eines Baumarktes, der sein dreijähriges Jubiläum herausschreit. Eine Seite weiter wird das einjährige Jubiläum des neuen Fußpflegestudios gefeiert. Weiter vorn entdecken wir die frohe Botschaft, dass die Pizzeria um die Ecke ihr erstes Jahr überlebt hat und dies mit uns feiern will. Der Lorbeerkranz sinkt zu Boden. Wie konnte uns das passieren? Ein Unternehmen, das von Hundertjährigen (Bäumen) umgeben ist, will sein Fünfjähriges feiern! Ein klarer Anfall von Sentimentalität. Wird so schnell nicht wieder vorkommen. Vielleicht beim nächsten Zehnjährigen?

(Text: Gernot Wüschner. Der Text stammt aus dem neuen Magazin der Bayerischen Staatsorsten, "Waldfest". Sie können das Magazin HIER herunterladen)