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Am Arbersee fliegt nicht nur der Borkenkäfer

Das Hubschrauber-Kernteam. Foto: Wolfgang Reimer / Bad Kötzting

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Der "Falke" fliegt

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Einschlag in der Seewand auf 1.100 m ü.NN mit Erik Niedermaier, Florian Buchecker

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Holz im Anflug

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10. Oktober 2023, Arbersee - „Tief drunten liegt der Arbersee, die Seewand steigt so stolz in d´Höh – so heißt´s im alten ‚Arberlied‘, das im Bayerwald schon jahrzehntelang gesungen wurde und wird“, sagt der Bodenmaiser Forstbetriebsleiter Jürgen Völkl, „und das Lied hat recht – die Seewand am Großen Arbersee ist stolz, steil und nahezu unzugänglich! Das hat der Borkenkäfer in diesem Sommer ausgenutzt und sich in einem fast uneinsehbaren Plateau in der Seewand massiv eingenistet!“

Beim aktuellen Borkenkäfer-Suchdurchgang haben die Holzhauer des Forstbetriebs die im Naturwaldreservat, Naturschutzgebiet und FFH-Gebiet liegende gut 1,2 Hektar große Fläche entdeckt, darauf ein „Käfernest“ mit geschätzt ca. 1.000 fm – Eile war geboten!

Grundsätzlich ist die Entnahme der vom Borkenkäfer befallenen Fichten deshalb nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt. „Wir haben die lokalen und regionalen Naturschutzbehörden und das Amt für Landwirtschaft und Forsten über die große Borkenkäfergefahr informiert und Erlaubnisantrag gestellt,“ erläutert Markus Würstl, der stellvertretende Leiter des Forstbetriebs Bodenmais, „die Fichten zum jetzigen Zeitpunkt an Ort und Stelle fällen und entrinden, war keine mögliche Alternative – die fast fertig entwickelten Käfer hätten sich zur Überwinterung in den Boden zurückgezogen. Wir hatten nur eine Chance: die Bäume mit den Käfern entfernen, um für die kommenden Jahre eine Massenvermehrung zu vermeiden.“ Die Behörden teilten diese Ansicht, und so kam die Erlaubnis für einen Hubschraubereinsatz sehr schnell.

Dann ging es Schlag auf Schlag:

  • ein 4-Mann-Team von erfahrenen Holzhauern des Forstbetriebs unter der Leitung des Forstwirtschaftsmeisters Mario Hutterer fällte die Käferbäume in der Seewand,
  • Stellvertretender Forstbetriebsleiter Markus Würstl erledigte das Genehmigungsverfahren und die Absprachen und Vertragsregelung mit Hohenzollern-Forst für den Ablageort im Wald von Hohenzollern-Forst nahe dem Biathlon-Stadion,
  • Einsatzleiter Forstwirtschaftsmeister Mario Hutterer organisierte das sonstige notwendige Personal (Absperrposten, Messtrupp etc.) und die Lagerplätze.
  • Servicestellenleiter Karlheinz Fuchs kümmerte sich um die Ausschreibung des Hubschraubertransports und organisierte die Aufarbeitung durch Harvester und Rückezug am Ablageort sowie die notwendig Transport-Logistik.

Ausschreibungssieger wurde die Firma „Kitz-Air“ aus Tirol. Inhaber und Geschäftsführer Georg Schuster fungiert hier gleichzeitig auch als Chef-Pilot. Sein Transport-Helikopter ist ein polnischer Sokol PZL W-3A („Sokol“ heißt übrigens übersetzt „Falke“) und kann 2 Tonnen Nutzlast transportieren.

Das „Heli-Logging“ lief dann ab „wie ein Uhrwerk“:

Die gefällten Stämme waren von den Holzhauern schon so auf Länge geschnitten, dass sie nicht schwerer als das zulässige Lastgewicht für den Hubschrauber waren, und so ausgerichtet, dass sie schnell am Speziallasthaken des Hubschraubers angehängt werden konnten.

Da die „Rotation“, also der jeweilige Hubschrauber-Flug – anhängen, ausfliegen, abhängen und zurück – nur gut 2 Minuten dauert, haben „oben“ zwei Teams, nämlich eines aus Bodenmais und das andere von der Kitzbühler Flugfirma, abwechselnd angehängt.

Am „Abwurfplatz“ standen dann das Mess-Team sowie ein Harvester und ein Rückezug bereit. Die Fracht wurde per Funk ausgeklinkt. Einerseits wurden die mächtigen Fichten-Erdstämme, von denen ein Vier- oder fünf-Meterabschnitt bereits zwei Tonnen schwer ist, vermessen und klassifiziert. Andererseits wurden die „kleineren“ Stämme vom Harvester auf Fixlängen geschnitten. Dann übernahm der Rückezug: Maschinenführerin „Holzprinzessin“ Julia Wensauer mit ihren gerade mal 21 Jahren – die wohl jüngste unter den wenigen Rückezug-Fahrerinnen in ganz Bayern –  lud die Stämme auf und verfrachtete sie zum Lagerplatz. Dazu Markus Würstl: „Das muss schnell und präzise ablaufen, sonst kommt der ganze Ablauf in Stocken. Da kommt es auf das Können und die Konzentration jedes einzelnen an – und die jeweiligen Teams haben das alle drauf!“

Die Aktion startete am Donnerstag früh, am Samstagnachmittag war alles erledigt – rund 1.000 „Rotationen“ vom Hubschrauber, rund 900 fm Holz am Lagerplatz, alle Beteiligten zwar ausgepowert, aber glücklich und zufrieden. Und Erik Niedermaier, einer der Bodenmaiser Holzhauer, hat im Facebook gepostet: “Bester Auftrag ever!“ – was der Chef kommentiert hat: „Mit dem besten Team ever!“ Mehr ist wohl nicht zu sagen!

Zusatzinfo:

Das Borkenkäferholz wird an Firmen aus der Region verkauft. Gerade die 250 bis 300 Jahre alten Erdstämme aus der Seewand haben sehr enge Jahresringe, und lassen sich gut als Fensterholz verwerten. Das Gipfelmaterial wurde gehäckselt und vor Ort als Abdeckung für den Schneevorrat des Biathlonleistungszentrums verwendet.

Der knapp 19 Meter lange Sokol PZL W-3A besitzt zwei Triebwerke mit je 900 PS. Die Außenlastkapazität beträgt zwei Tonnen. Die Kabine bietet Platz für bis zu zwölf Personen. Der Hubschrauber ist bis 260 Kilometer schnell und kann bis 6.000 Meter Höhe erreichen.