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Inventur im Forstbetrieb Rothenkirchen

Da reicht das Messinstrument nicht mehr: Eine der dicksten Buchen im Forstrevier Klosterlangheim.

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Auch im Landkreis Lichtenfels wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Aber sie werden immer dicker. Die Förster im Staatswald haben nachgemessen. Aber das ist nicht das Einzige, was sie herausgefunden haben.

Alle zehn Jahre ist Inventur. Zumindest im Bayerischen Staatswald. Dass es diesmal im Forstbetrieb Rothenkirchen bereits nach acht Jahren wieder so weit war, hat laut Forstbetriebsleiter Peter Hagemann einen einfachen Grund: „Wir wollten sicher sein, dass nach dem Kyrill-Sturm und mehreren Borkenkäferjahren noch ausreichender Holzzuwachs für einen nachhaltigen Holzeinschlag vorhanden ist.“ – Die viel strapazierte „Nachhaltigkeit“: In letzter Zeit gerne politisch für eine Begrenzung des Wachstums verwendet und doch schon uralt, nämlich vor mehreren Hundert Jahren von Förstern erfunden. Sagen die Förster. Denn hier im Forst passt das Prinzip der Nachhaltigkeit, sagt Hagemann: „Nur so viel nutzen, wie gleichzeitig wieder nachwächst. Alle Leistungen des Waldes ungeschmälert an die nachfolgenden Generationen weiter geben.“

Leistungen des Waldes sind neben dem nachwachsenden Rohstoff Holz vor allem sein Erholungswert für den Menschen und seine vielfältigen Schutzfunktionen: Hier schlagen im Staatswald des Landkreises die Bodenschutzwälder am Jurarand und zahlreiche Wasserschutzgebiete der Gemeinden zu Buche. Und natürlich der Naturschutz: Im mehreren Naturschutzgebieten, dem Vogelschutzgebiet „Felsen- und Hangwälder“ südöstlich von Lichtenfels und den großen Wald-FFH-Gebieten rund um Klosterlangheim finden bedrohte Arten wie die Bechstein- und die Mopsfledermaus oder Höhlenbrüter wie Hohltaube und Rauhfußkauz ein Zuhause.

Und dass sich seltene Tierarten nicht an Schutzgebietsgrenzen halten, zeigen jüngste Brutnachweise von Schwarzstorch oder Sperlingskauz im westlichen und östlichen Landkreis. Und den Stand dieser Leistungen des Waldes kann man mit einer Inventur erfassen? „Unmittelbar natürlich nicht“, sagt Hagemann.“ Aber wenn wir an unseren Stichprobenpunkten in einem festen Umkreis alle Veränderungen aufnehmen, bekommen wir ein genaues Bild über Holzmasse und Zuwachs, Alter der Bestände und Baumartenanteile, Totholz und Biotopbäume. Daraus lassen sich exakte Rückschlüsse ziehen, ob der Wald seinen vielen Anforderungen gerecht werden kann.“

Und – kann er? Hagemann: „Wir sind laubholzreicher geworden und durchschnittlich älter. Hier im Landkreis Lichtenfels sind trotz der Sturmschäden die Holzvorräte und damit die Zuwächse gestiegen. Der Anteil an dicken Bäumen, vor allem beim Laubholz, ist deutlich angewachsen. Es findet sich mehr Biotopholz in den Beständen. Alles Entwicklungen, die den Wald stabiler und leistungsfähiger machen, und die wir unbedingt fortsetzen wollen.“

Höher werden die alten Bäume irgendwann nicht mehr. Und wie dick dürfen sie werden? „Die ältesten und die dicksten, so alt und so dick sie wollen“, sagt Hagemann. “Nach dem Naturschutzkonzept der Bayerischen Staatsforsten bleiben im Forstbetrieb die naturnahen Bestände über 180 Jahre ungenutzt und Bäume, die – je nach Baumart - dicker als 80 oder 100 cm sind, bleiben ohnehin stehen. Von diesen „Methusalemen“ werden es immer mehr, schließlich markieren wir in allen Beständen zehn Biotopbäume je Hektar, die einmal so alt werden dürfen, wie sie wollen.“ Und dazu hat der Forstbetriebsleiter noch eine Anmerkung: „Auf der Suche nach unseren dicksten Bäumen habe ich alle Reviere um Bildnachweise gebeten. Das Ergebnis: Kein Baum, neben dem als Größenvergleich nicht ein Jagdhund oder ein anderes Familienmitglied stand. Wenn das keine Liebeserklärung des Försters an seine Bäume ist…“.  

Der Wald in Zahlen:

Der Forstbetrieb Rothenkirchen bewirtschaftet im Landkreis Lichtenfels 5070 Hektar Staatswald in drei Forstrevieren. Die Baumartenanteile liegen bei etwa 60 % Nadelholz und 40 % Laubholz, wovon die Buche mit 15 % den höchsten Anteil hat. Der durchschnittliche Holzvorrat ist in den vergangenen acht Jahren um vier Festmeter auf 290 Festmeter pro Hektar gestiegen. Der jährliche Holzzuwachs liegt bei ca. zehn Festmeter je Hektar und Jahr, die jährliche Nutzung bei ca. acht Festmeter je Hektar und Jahr. Der Vorrat an Biotopholz (Totholz, das liegend oder stehend für den Naturhaushalt in den Beständen belassen wird) ist auf fast 20 Festmeter je Hektar angewachsen. Der Vorrat an dicken Bäumen (über 60 cm Durchmesser) ist im Forstbetrieb Rothenkirchen  in den letzten acht Jahren um 24 % gestiegen, wovon die Buche mit einer Steigerung um 54 % den größten Anteil hat.

Die dicksten Exemplare einzelner Baumarten im Staatswald des Landkreises sind eine Eiche mit 156 cm Durchmesser, eine Buche mit 107 cm und eine Linde mit 105 cm im Forstrevier Klosterlangheim sowie zwei Kiefern mit 92 cm im Forstrevier Lichtenfels und 90 cm im Forstrevier Weismain. Letztere hat sich der Schwarzstorch als Horstbaum gewählt – ein wichtiger Hinweis auf den Biotopwert alter und dicker Bäume.